28.10.2016  2. HBL

Konstanz will Revanche nehmen

Die Stimmung bei der HSG Konstanz nach dem großen Coup in Wilhelmshaven ist bestens – und sie könnte bei einem weiteren Erfolg, dieses Mal in eigener Schänzle-Sporthalle, gegen den EHV Aue noch besser werden. Es ist so etwas wie das Spiel der doppelten zweiten Chance. Einerseits bietet sich die Gelegenheit, Revanche für die deutliche 23:31-Niederlage im DHB-Pokal zu nehmen, andererseits stünde die HSG bei einem Heimsieg am Freitag, 20 Uhr, bei dann 11:9 Zählern erstmals in dieser Saison mit einem positiven Punktekonto in der 2. Bundesliga.

Es sind mulmige Erinnerungen, die bei den HSG-Akteuren und Cheftrainer Daniel Eblen hochkommen, wenn das Stichwort Aue fällt. 27. August, ein heißer Hochsommertag, die HSG musste nach einer guten Vorbereitung und einer 600 Kilometer langen Anreise in der ersten Runde des DHB-Pokals gleich bei einem künftigen Ligarivalen antreten. Der Gastgeber mit breiter Brust und fest entschlossen, sich das Finale gegen Balingen mit Ex-Trainer Runar Sigtryggsson zu sichern und Konstanz unsicher, wo man sich im Vergleich mit den Zweitligisten bewegt.

Die Antwort schien ernüchternd: Nach einer schwachen Vorstellung, in der Konstanz chancenlos war, wähnte sich Aue auf gutem Wege, die eindrucksvollen Leistungen der Vorsaison wiederholen zu können. Platz sieben, vierbeste Heimmannschaft und drittbeste Defensive der Liga – so sollte es auch in der aktuellen Spielzeit wieder laufen. Dank einer Kooperation mit Erstligist SC DHfK Leipzig und talentierten Neuzugängen sowie Neu-Trainer Maik Handschke, ein Ex-Nationalspieler, war die Zuversicht zu Recht groß. Nur wenige Wochen später staunen alle Experten über das Abschneiden der Sachsen aus der 17000-Einwohner-Stadt im Erzgebirge. Platz 19, mit 4:14 Punkten – aber auch schon drei Pleiten mit nur einem Tor Unterschied, während die HSG Konstanz nach toller Entwicklung im Tabellenmittelfeld rangiert.

„Ich habe für die derzeitige Platzierung des EHV auch keine Erklärung“, schüttelt Daniel Eblen den Kopf. „Aue wollte im Pokal unbedingt in das Pokalfinale und hat den Druck gegen uns sehr gut gemeistert. Sie waren uns in allen Belangen überlegen und deutlich besser.“ Seine Mannschaft wurde jedoch auch weniger auf die Pokalbegegnung als auf den Saisonstart punktgenau vorbereitet. Die punktgenaue Vorbereitung und Betreuung durch den A-Lizenzinhaber sind – dank der Zustimmung der Sachsen – auch der Grund für den ungewöhnlichen Spieltermin am Freitagabend. Nach der Partie gegen den EHV reist Eblen nach wenigen Stunden Schlaf nach Baunatal, um am Samstag und Sonntag an einem Seminar zur Verlängerung seiner Trainerlizenz teilnehmen zu können. Neben Vorträgen von Melsungens Trainer Michael Roth stehen der Besuch und die Analyse des Bundesligaspiels Melsungen gegen Minden auf dem Programm.

Zuvor möchte er gegen das langjährige Zweitliga-Spitzenteam, das bereits in seiner 25. Spielzeit im Bundesliga-Unterhaus steckt, an die guten Leistungen insbesondere in fremden Hallen anknüpfen. Für den HSG-Coach war die Reaktion auf die Heimniederlage gegen Saarlouis insofern besonders wichtig, weil sie gezeigt habe, dass mit Fleiß und Mühe sofort die nächste Aufgabe bestanden werden könne. „Wir müssen uns klar sein, dass alle Mannschaften in dieser Klasse mindestens auf unserem Niveau sind – oder darüber. Deshalb gibt es auch zu Hause keine andere Erwartungshaltung, als dass wir der Aufsteiger mit junger Mannschaft sind. Uns bleibt nur die Chance, immer frisch drauflos zu spielen und Mut zu zeigen.“

Bei der zweiten Chance, in einem Heimspiel in den positiven Punktebereich kommen zu können, wird er voraussichtlich, trotz eines kleineren Fragezeichens, wieder auf Kreisläufer Simon Flockerzie bauen können. Das Fragezeichen hinter einem Einsatz von Paul Kaletsch ist dagegen nach wie vor deutlich größer. Erst kurzfristig soll die Entscheidung zusammen mit der medizinischen Abteilung über ein Comeback nach dem Ausfall in Wilhelmshaven fallen, die Chancen stehen nach einem grippalen Infekt allerdings schlecht. „Felix Krüger hat das aber an der Nordsee sehr gut gemacht“, lobt Eblen seinen Ersatz im rechten Rückraum. „Die Breite in unserem Kader ist wichtig. Wir hoffen, dass immer jemand da ist, wenn er gebraucht wird und den Mut mitbringt. Bislang hat das ganz gut geklappt“, so der 42-Jährige.

Doch der Konstanzer Übungsleiter warnt vor dem Profiteam aus Sachsen, bei dem der athletische und wurfgewaltige Neuzugang Marc Pechstein im linken Rückraum, mit 55 Treffern derzeit sechstbester Torschütze der zweiten Liga, herausragt. „Die Abwehr ist sehr variabel und agiert meist im 5:1, aber auch in der 6:0-Formation, dazu verfügt Aue über sehr gute Kreisläufer und Außen, die gut in Szene gesetzt werden und uns schon im Pokal große Probleme bereitet haben.“ Im Gegensatz zur 3. Liga, wo er seine Mannschaft, so der Konstanzer Übungsleiter, auf den Gegner vorbereiten konnte und „in 90 Prozent der Fälle auch das auf uns zukam, werden in der 2. Liga für jedes Spiel neue Handlungen einstudiert“, komme immer wieder neues hinzu. Eblen: „Neben der Geschwindigkeit und der Fülle an unterschiedlichen Interpretationen der verschiedenen Abwehrsysteme ist das für mich der größte Unterschied und bedeutet einen extremen Aufwand, den man betreiben muss, um wettbewerbsfähig zu sein.“

Dennoch sei gerade auch die Herausforderung das, was ihm Spaß an der neuen Liga bereite. „Diesen Spaß dürfen wir nicht vergessen“, sagt er und erwähnt die tolle Stimmung bei den Spielen in eigener Halle. Gegen Aue hofft er erneut auf die laustarke Unterstützung durch die Fans in der „Schänzle-Hölle“. „Die Zuschauer stehen hinter uns, das ist wichtig und wird auch wichtig sein, gerade dann, wenn es vielleicht ein paarmal nicht so gut funktioniert.“

Text: HSG Konstanz

Bild: HSG Konstanz