21.05.2017  2. HBL

Eisenach schlägt Aufstiegsaspirant Hüttenberg

Die Eisenacher Handballfans hatten gestern allen Grund zum Jubeln. Den fast schon als Aufsteiger feststehenden TV 05/07 Hüttenberg konnte man gestern aus der Halle fegen. Eine Chance nächstes Jahr wieder in der DKB Handball-Bundesliga zu spielen hat der ThSV Eisenach zwar nicht mehr, jedoch liebäugelt man natürlich trotzdem mit jedem Punkt, den man holen kann.

So richtig zu analysieren vermochte Eisenachs Trainer Christoph Jauernik das nicht! Gerade musste Tomas Urban schwerverletzt ins St.-Georg-Klinikum, wodurch sich der 8.(!) Stammspieler auf die Krankenstation abmeldete. Der ansonsten so treffsichere Matthias Gerlich (erneut 9 Tore) brachte einen Siebenmeter nicht unter (51.). Für den TV Hüttenberg, im Angriff durchweg mit dem Ex-Eisenacher Tomas Sklenak als Regisseur, netzte Sebastian Roth zum 20:23 ein (52.). Mehr als eine Vorentscheidung schien gefallen. „Einen besseren Zeitpunkt, um in Eisenach zu gewinnen, gab es angesichts der Verletztenmisere der Wartburgstädter nicht“, bekannte Adalsteinn Eyjolfsson, der Coach des TV Hüttenberg. In Bestbesetzung angereist kassierte sein Team eine 26:28-Niederlage! „So kurz vor dem Ziel Aufstieg agieren einige gelähmt“, bilanzierte der Isländer in Diensten der Hessen.

„Doch die Spieler glaubten auch beim 3-Tore-Rückstand an sich“, betonte ein in mehrfacher Hinsicht aufgekratzter Eisenacher Trainer Christoph Jauernik. Als zur Winterpause die Verletztenmisere ein geordnetes Training kaum noch zuließ, fragte er bei seinem alten Kumpel Christopher Kaufmann an, der im Vorjahr bei Thüringenligist VfB Mühlhausen seine Handball-Laufbahn beendet hatte, ob der nicht helfen könnte. Der „positiv Verrückte“ (so Jauernik), sportlich als ehrenamtlicher Trainer des Fußballoberligisten Sundhausen (Unstrut-Hainich-Kreis) engagiert, sagte zu. Am Samstag zündete der Linkshänder die Lunte zum Feuerwerk, wuchtete aus dem rechten Rückraum zum 22:23 ein (54.). Den Gästen schwante schon nichts Gutes. Eine Auszeit half nicht. Denn nun explodierte Youngster Jonas Richardt, gerade von einer schweren Schulterverletzung genesen. Mit Toms Lielais, Matthias Gerlich und Jonas Richardt im Rückraum, dazu mit dem Schachzug von zwei Kreisläufern (Hansen/Iffert) und einer 5:1-Abwehr (Gerlich vorzogen), spielten die Thüringer die Mittelhessen schwindlig. ThSV-Keeper Stanislaw Gorobtschuk, von Beginn in prächtiger Form, vernagelte schier sein Gehäuse. „Unsere Torhüter bekamen keinen Ball mehr zu fassen“, konstatierte Hüttenbergs Trainer Adsalsteinn Eyjolfsson.

Das Torhüterduell ging um Längen an den Eisenacher Schlussmann. Stanislaw Gorobtschuk parierte 18 Bälle, darunter 3 Siebenmeter, für das Duo Ritschel/Schomburg wurden zusammen ganze 6 parierte Bälle notiert. Jonas Richardt, in der Eisenacher A-Jugend unter Trainer Christoph Jauernik gereift, setzte – von seinen Mitspielern in Position gebracht – gemeinsam mit Matthias Gerlich das Tornetz der Gäste einer harten Bewährungsprobe aus. Die Eisenacher trafen vom 20:23 (52.) zum 27:24 (59.), verdauten mit ganz viel Herzblut und Willenskraft selbst das vorzeitige Aus (3. Zeitstrafe) ihres Abwehrchefs Nicolai Hansen (58.). „Alle Spieler haben Verantwortung übernommen, auch Youngster Jonas Richardt, in Abwehr und Angriff. Er hat heute ein großes Lob verdient“, erklärte Routinier Nicolai Hansen. „Die Saison ist noch nicht zu Ende, wir wollen noch ein paar Punkte holen“, verspricht der 34-Jährige, der nach der Saison auf eigenen Wunsch den ThSV Eisenach verlässt. In der Schlussminute netzte zwar Tomas Sklenak an alter Wirkungsstätte für die Hessen nochmals doppelt ein, doch die freudetrunkene 1.600-Kehlen-Kulisse hatte bereits stehend das Rennsteig-Lied auf den Lippen.

Inmitten der jubelnden Menge die sportbegeisterte Klasse 6 Rl des Martin-Luther-Gymnasiums, die sich ohne Wissen ihres Klassenlehrers als Einlaufkinder beworben hatte. Ihr Klassenlehrer heißt Christoph Jauernik. Und der schieb dann fleißig Autogramme auf die Erinnerungs-Shirts. Begehrte Autogramme des Klassenleiters, wahrlich eine Seltenheit!

Ein Abend, den Handball-Eisenach so schnell nicht vergessen wird. Aber wohl auch der TV Hüttenberg nicht. Gänsehaut pur nach dem Abpfiff, als Tomas Sklnak aus den Katakomben nochmals auf das Parkett kam, gefeiert wurde. Ale Liebe rostet nicht. Auch nicht zwischen dem knapp 35-jährigen Tschechen und der Eisenacher Handballgemeine.

Eisenachs Trainer Christoph Jauernik betraute Linkshänder Tomas Urban mit der Rolle des Spielgestalters, saßen beide etatmäßigen Regisseure Marcel Schliedermann und Olafur Bjarki Ragnarsson verletzt auf der Tribüne. Eisenachs Angriffsspiel wirkte ausgesprochen flüssig. In der Abwehr wurden die Räume geschlossen. Keeper Stanislaw Gorobtschuk hatte seine Form vom 25:24-Sieg über die SG BBM Bietigheim konserviert. Im Rahmen der wenigen personellen Möglichkeiten versuchte THSV-Coach Christoph Jauernik sein Personal optimal einzusetzen. Das gelang dem 33-jährigen Gymnasial-Lehrer bestens. Eine Matthias-Gerlich-Fackel schlug zum 8:6 ein (16.), Tomas Urban zirkelte das Leder zum 10:7 ins Netz (20.). Mit einem knappen 12:11 für die Hausherren ging es in die Halbzeitpause

Die Mittelhessen profitierten nach Wiederanpfiif der kleinlich amtierenden Schiedsrichter Grell/Piper von den Qualitäten eines Tomas Sklenak, der wie während seiner 10 Jahre beim ThSV Eisenach „den Turbo zündete“, zugleich seine Mitspieler lehrbuchreif bediente. Ausgelassenen Torjubel gab es bei ihm freilich nicht. Mit verbessertem Angiffsspiel, abgeschlossen auch ügber die Außen, trafen die Hessen zur erstmaligen Führung (13:14, 35.). Schnelles Umschaltspiel zahlte sich für sie aus. Mario Fernandes traf zum 15:17 (38.). Beim 16:19 (43.) schien sich auch die qualitativ voll besetzte Wechselbank der Gäste auszuzahlen. Ein Treffer ins leere ThSV-Tor ließ die Hoffnung der Gäste steigen. Beim 20:23 schien für sie der Doppelpunktgewinn eingetütet. Doch dann kam es völlig anders…!


Statistik

ThSV Eisenach: Gorobtschuk (1.-60./ 18 Paraden – 25 Gegentore), Brand (n.e.); Iffert (2), Bogatzki, Wöhler, Gerlich (9/1), Hansen (1), Urban (5/1), Richardt (6), Holzner, Kaufmann (1), Lielais (2), Weyhrauch (3)

TV Hüttenberg: Ritschel (1.-30. u. 54.-60./ 3 Paraden- 17 Gegentore), Schomburg (31.-54./ 3 Paraden 11 Gegentore); Stefan (1), Sklenak (5), Lambrecht (2), Wernig (5/2), Rompf (4), Zörb, Fernandes (3), Johannsson (2), Roth (4), Mappes, Hofmann

Siebenmeter: ThSV Eisenach 3/2 (Urban verwandelt 1 x gegen Ritschel, Gerlich verwandelt 1
x gegen Ritschel, wirft 1 x gegen Schomberg über den Kasten)
TV Hüttenberg (5/2), Wernig verwandelt 2 x gegen Gorobtschuk und scheitert
2 x an Gorobtschuk, Mappes scheitert 1 x an Gorobtschuk)

Zeitstrafen: ThSV Eisenach 8 x 2 Min. (Hansen 3 x 2 Min., Wöhler 2 x 2 Min. Gerlich,
Richardt und Kaufmann je 2 Min., Rot Hansen n.
3.Z, 58.)
TV Hüttenberg 6 x 2 Min. (Rompf u. Fernandes je 2 x 2 Min., Lambrecht,
Mappes je 2 Min.)

Schiedsrichter: Grell/ Piper

Zuschauer: 1.646

Foto: Gräbdünkel

Quelle: ThSV Eisenach