28.05.2015  Intern

Bohmann: Gewinnt der THW Kiel die Champions League, verdient er den Titel Mannschaft des Jahres 2015

Frank Bohmann, Geschäftsführer der DKB Handball-Bundesliga, im Interview der Woche zum bevorstehenden Final Four in der EHF Champions League.

Nach dem historischen Pokalfinale REWE Final Four 2015, das die SG Flensburg-Handewitt erst im alles entscheidenden Siebenmeterwerfen gegen den SC Magdeburg für sich entschied, folgte der Sieg der Füchse Berlin beim Finalturnier im EHF-Cup vor heimischer Kulisse. Nun steht an diesem Wochenende das dritte hochkarätige Final Four-Turnier innerhalb von vier Wochen auf deutschem Boden an: In der Champions League geht es am Samstag und Sonntag (jeweils ab 14 Uhr live auf Sky) in der mit 20.000 Zuschauern ausverkauften Kölner Lanxess Arena um die europäische Krone im Vereinshandball. Diese durften sich zuletzt dreimal in Folge Clubs der DKB Handball-Bundesliga aufsetzen - der THW Kiel 2012, der HSV Handball 2013 und im vergangenen Jahr die SG Flensburg-Handewitt. Eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte deutscher Teams kann in diesem Jahr nur der THW Kiel erzwingen. Der Rekordmeister geht als einziger deutscher Vertreter im diesjährigen VELUX Final Four der EHF Champions League im zweiten Halbfinale am Samstag (ab 17 Uhr live auf Sky) gegen den ungarischen Meister MKB Veszprem ins Rennen. In den Reihen von Veszprem stehen übrigens die ehemaligen THW-Stars Christian Zeitz und Momir Ilic. Im Interview der Woche schätzt Frank Bohmann, Geschäftsführer der DKB Handball-Bundesliga, die Bedeutung eines möglichen vierten deutschen Champions-League-Triumphs in Folge ein und zeigt sich skeptisch gegenüber der Fülle an Finalturnieren zum Ende der Saison auf deutschem Boden.
 
 
Herr Bohmann, am Wochenende gibt das Final Four in der EHF Champions League den Schlusspunkt in der Dreierkette der Finalturniere in Deutschland. Was zeichnet die Veranstaltung in der Kölner Lanxess Arena aus?
 
Frank Bohmann: Wie auch das REWE Final Four in der O2 World in Hamburg und das Final Four im EHF-Pokal in Berlin ist der Event in Köln ein großes Spektakel für die Handballfans. In der Kölner Lanxess Arena sorgen die Zuschauer jedes Jahr für eine grandiose Stimmung. Das Besondere am Final Four der EHF Champions League: Es geht um die höchste Vereinstrophäe im Welthandball. Das sorgt für die besondere Dramatik.   
 
 
REWE Final Four, Final Four im EHF-Cup, Final Four in der EHF Champions League – wie beurteilen Sie die Fülle an Finalturnieren in den letzten Wochen der Saison?
 
Bohmann: Auch dieses Jahr hat gezeigt, wie groß die Attraktivität des deutschen Marktes für den Handballsport insgesamt ist. Allerdings sehe ich trotz voller Ränge die Konstellation eher skeptisch: Dass diese großen Turniere allesamt in so kurzer Zeit auf deutschem Boden stattfinden, führt meines Erachtens an den Erfordernissen vorbei, die zur Entwicklung des europäischen Marktes notwendig wären. Es scheint mir zu kurz gesprungen, wenn allein der deutsche Markt entwickelt und ausgereizt wird. Gerade die Finalturniere der europäischen Wettbewerbe sollten dementsprechend auch in anderen Metropolen eine Chance bekommen: Zum Beispiel bieten sich auch Metropolen wie Paris oder Istanbul an, in denen der Handball deutlich an Attraktivität gewinnt. Die Finalturniere könnten hier wichtige Akzente setzen.  
 
 
Sollte der THW Kiel die Siegesserie deutscher Clubs in der EHF Champions League fortsetzen können, hätten, nach dem Coup der Füchse Berlin im EHF-Cup, die Vereine der DKB Handball-Bundesliga auf europäischer Bühne voll abgeräumt. Was würde das bedeuten?
 
Bohmann: Es wäre bei weitem nicht der erste Doppelerfolg deutscher Clubs. Nicht nur 4 der letzten 5 Champions-League-Titel, sondern auch 16 der letzten 19 möglichen EHF-Pokaltitel haben deutsche Clubs gewonnen. Welche Liga kann schon eine solche Bilanz vorweisen? Auch ein Blick auf das diesjährige Ranking der Europäischen Handball-Föderation unterstreicht die Ausnahmestellung der DKB Handball-Bundesliga. Das der Flensburger Trainer von der Internationalen Handball-Föderation zum Trainer des Jahres gewählt wurde, rundet das positive Image des deutschen Vereinshandballs ab. Ein Sieg des THW Kiel am Wochenende wäre eine weitere Bestätigung für unsere Poleposition. Dabei freut es mich ganz besonders, dass die Kieler zunehmend auf deutsche Talente und Eigengewächse setzen. Heute vom Titelgewinn zu sprechen ist aber reine Spekulation. Fest steht, dass die DKB Handball-Bundesliga dem THW Kiel für das kommende Wochenende fest und geschlossen die Daumen drückt. Ich bin sicher, das gilt für alle deutschen Handballfans. Für die, die unter den 20.000 Fans in der Lanxess Arena sein werden und auch für diejenigen, die vor den Bildschirmen die Live-Spiele bei SKY verfolgen werden.
 
 
Verknüpfen Sie besondere Erwartungen an den übertragenden Privatsender?    
 
Bohmann: Für Bundesliga Live steht vor allem SPORT1. Aber auch Sky kann Handball. Die Übertragungen von der diesjährigen WM in Katar waren attraktiv und haben sehr gute Quoten erzielt. Außerdem bietet das Starterfeld am Wochenende alles, was sich ein Sender wünschen kann. Jedes Team hat eine ernst zu nehmende Chance auf den Titel. Unter diesen Umständen ist allerdings auch ein Halbfinal-Aus des THW Kiel möglich. Aber wer den THW Kiel kennt, weiß, welch hohen Anspruch und welches Selbstverständnis der Rekordmeister und Triple-Sieger der Champions League pflegt. Der Vergleich mit den Fußballern des FC Bayern kommt ja nicht von ungefähr. Ich sage, dass selbst im Fall einer Niederlage der Zebras die internationalen Leistungen deutscher Clubs auch in dieser Saison beispielhaft sind. Natürlich wäre es eine großartige Sache, wenn der THW Kiel die Königsklasse gewinnen würde. Dann verdient der THW Kiel den Titel Mannschaft des Jahres 2015.
 
 
Foto: Klahn