16.11.2017  LIQUI MOLY HBL

Michael Roth: „Der Handball besetzt ein wichtiges Thema, das noch mit zu vielen Tabus behaftet ist“

Seit 2010 steht Michael Roth bei der MT Melsungen als Trainer an der Seitenlinie. Ein Jahr zuvor erhielt er zusammen mit seinem Zwillingsbruder Uli Roth die Diagnose Prostatakrebs. Seither setzen sie sich für mehr Vorsorge und Männergesundheit ein. Im Interview spricht Michael Roth über den Aktionsmonat „Movember“, warum er hofft, dass seine Spieler mit 40 an ihn denken und blickt auf das Topspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen.

Herr Roth, der Charity-Aktionsmonat „Movember“ hat gerade Halbzeit. Wie steht es nach mittlerweile zwei Wochen um ihren Schnurrbart?

Michael Roth: Der wächst und wächst. Vielleicht nicht mehr ganz so dunkel wie früher, aber dem geht es wunderbar (lacht). Und wie man dieser Tage in den Hallen, bin ich ja nicht der Einzige, der mit einen Schnurrbart in der DKB Handball-Bundesliga unterwegs für die gute und wichtige Sache ist.   

Wie präsent ist denn aktuell das Thema Männergesundheit in der DKB HBL?

Michael Roth: Da tut sich einiges! Natürlich gibt es Mannschaften, die aktiver sind als andere, aber es sind auf jeden Fall schon sehr viele Schnurrbärte im Fernsehen zu sehen. Dadurch ist der „Movember“ Gesprächsthema und die Leute unterhalten sich darüber, was dahinter steckt. Der Handball besetzt dadurch ein wichtiges Thema, das noch mit zu vielen Tabus behaftet ist und schafft Aufmerksamkeit.   

Die MT Melsungen hat den Movember nicht nur im Vorfeld bei Dreharbeiten unterstützt, auffällig viele Spieler laufen momentan auch mit dem markanten Oberlippenbart auf.

Michael Roth: Die MT Melsungen macht ja schon seit zwei Jahren sehr engagiert mit. Natürlich hängt dies auch mit meiner persönlichen Geschichte zusammen. Bei mir und meinem Zwillingsbruder Uli wurde 2009 bei einer Vorsorgeuntersuchung  Prostatakrebs diagnostiziert und konnte erfolgreich behandelt werden. So etwas prägt und deswegen liegt es nahe, dass das Thema bei uns präsenter als bei anderen Teams ist.  

Wie geben Sie ihre Erfahrungen als ehemals Betroffener an junge Spieler weiter? Halten Sie sie an, zur Vorsorge zu gehen?

Michael Roth: Das sind ja alles junge Kerle. In dem Alter habe ich auch nicht an Vorsorge gedacht. Ich versuche aber gerade deswegen, die Jungs für das Thema Männergesundheit etwas zu sensibilisieren und hoffe, dass sie, spätestens wenn sie 40 sind, an ihren alten Trainer denken, der immer wieder darauf hingewiesen hat, möglichst rechtzeitig zum Urologen zu gehen.

Sie engagieren sich aber auch über den Movember hinaus und setzten sich immer wieder für das Thema Männergesundheit ein.

Michael Roth: Da mein Bruder und ich nun mal viel in der Öffentlichkeit stehen, versuchen wir, wann immer es unsere Zeit zulässt, für das Thema zu kämpfen und uns einzubringen. So sind wir in ganz unterschiedliche Projekte hineingewachsen und bringen uns zum Beispiel durch Vorträge bei der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) ein. Die Botschaft ist dabei immer dieselbe: Wir machen auf die Wichtigkeit von Vorsorge aufmerksam. Prostatakrebs ist immer noch ein Tabuthema und wir wollen dazu beitragen, dass die Hemmschwelle sinkt. Das war auch eine der Triebfedern, warum wir unsere persönlichen Erfahrungen in einem Buch geschildert haben. Es kommt durchaus vor, dass sich Betroffene bei uns melden, um sich für die Offenheit, mit dem wir das Thema kommunizieren, zu bedanken. Hodenkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten bei Männern zwischen 25 und 45. Früherkennung rettet deswegen Leben. Wir wissen, wovon wie reden, das verleiht uns Glaubwürdigkeit.

Lassen Sie uns noch einen Blick aufs Sportliche werfen. Sie stehen mit der MT Melsungen aktuell auf dem fünften Platz, und haben am Samstag das Hessenderby gegen die HSG Wetzlar deutlich mit 29:22 gewonnen. War das ein Ausrufezeichen für die nächsten Wochen?

Michael Roth: Ach, das ist immer so eine Sache. Wenn wir ein Spiel verlieren, heißt es direkt Krise, wenn wir gewinnen, geht es direkt nach ganz oben. Wir haben vor der Saison eine klare Zielvorstellung abgegeben, die wir bisher absolut erfüllen. Wir sind sehr zufrieden, da wir trotz unserer Verletzungsprobleme klar im Soll sind.

Am Donnerstag reist dann der Deutsche Meister nach Melsungen. Liegt ein Sieg dann über dem Soll?

Michael Roth: Wenn uns da eine Überraschung gelingt, sind wir top-top im Soll. Natürlich haben wir vor die Löwen zu schlagen, das haben aber schon viele andere vor uns probiert. Wir sind nicht der Favorit, haben uns aber schon immer heiße Duelle mit den Löwen geliefert und wollen unsere Heimstärke vor ausverkauftem Haus ausspielen. Zu was es am Ende reicht, werden wir sehen.

Und wozu soll es am Ende der Saison reichen?

Michael Roth: Wenn wir da landen, wo wir gerade stehen, wäre es perfekt. Die Top Sechs waren und sind unser Ziel, dann hätten wir schon einige sehr gute Mannschaften hinter uns gelassen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Kaesler

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Michael und Uli Roth

Die Roth-Zwillinge zählten zu den besten Handballspielern Deutschlands. Gemeinsam gewannen sie 1984 die Silbermedaille bei Olympia und wurden deutscher Meister. Nach der Sportkarriere betreut Uli Roth als Manager die erfolgreiche Popgruppe Pur, Michael ist Trainer in der DKB Handball-Bundesliga. Im Jahr 2009 erkrankten die Zwillinge an Prostatakrebs, seither setzen sie sich für mehr Vorsorge und Männergesundheit ein.

Alles zu Michael und Uli Roth: http://www.roth-zwillinge.de/home 

Buch „Unser Leben - Unsere Krankheit“: www.roth-zwillinge.de/unser-leben-unsere-krankheit

Weitere Informationen zur Deutschen Gesellschaft für Urologie: www.urologenportal.de 

Weitere Infos zur Deutschen Krebshilfe: www.krebshilfe.de 

 

Movember
Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen engagiert sich Michael Roth auch ganz besonders beim „Movember“. Unter dem Motto „Grow a Mo to save a Bro“ will der deutsche Handball gemeinsam mit Styling Partner Wilkinson im November möglichst viel Aufmerksamkeit und einen möglichst hohen Spendenbetrag erzielen. Für beides hat die Movember Foundation ein Handball-Netzwerk eingerichtet, hier bringt Wilkinson Vereine, Spieler sowie Fans zusammen und bietet allen „Mo-Bros“ und „Mo-Sistas“ ein Netzwerk zum gemeinsamen Spendensammeln – hier können aber auch alle Schnauzbartträger Bilder online stellen, um ihren „Mo“ möglichst vielen Fans bekannt zu machen. Jeder kann Mitglied werden, egal, ob als Einzelperson oder im Team – dies ist übrigens ein weiterer Anreiz zum mit machen: Teams können in Wettstreit miteinander treten, wer mehr Geld für den guten Zweck sammeln kann. Für jedes neue Team spendet Wilkinson einmalig 100 Euro. Gegen Ende des Monats sollte bei jedem männlichen Teilnehmer ein gepflegter 30-Tage-Schnurrbart stehen.