07.12.2017  LIQUI MOLY HBL

Von der Oberliga in die DKB Handball-Bundesliga - Tim Wendt: „Das kennt man ja sonst nur aus dem Fernsehen“

Normalerweise läuft Torhüter Tim Wendt in der Oberliga vor rund 200 Zuschauern für den THW Kiel II auf. Am vergangenen Sonntag schlug dann aber seine große Stunde. Da sich vor der Bundesligapartie gegen den TV Hüttenberg Niklas Landin kurzfristig krank gemeldet hatte und auch dessen Vertreter aufgrund einer blauen Karte nicht spielberechtigt war, lief der 20-Jährige auf einmal nicht nur vor 10.285 Zuschauern in die ausverkaufte Sparkassen-Arena ein, sondern durfte in den letzten Minuten sogar Nationaltorhüter Andreas Wolff im Tor des THW Kiel ersetzen.

Tim, Alfred Gislason meinte nach deinem Debüt, du könntest sicher eine Woche nicht mehr schlafen vor Glück. Wie geht es dir denn nun?

Tim Wendt: (lacht) Ausgeschlafen bin ich auf jeden Fall. Das muss ich auch sein, da ich ja früh raus muss wegen der Arbeit. Ich bin aber trotzdem noch immer ein bisschen aufgeregt. In den Tagen nach dem Spiel wurde ich von Arbeitskollegen und auch von einigen unserer Kunden erkannt und angesprochen. Ich bin es ja normalerweise nicht gewohnt, so im Mittelpunkt zu stehen.

Wie hast du von deinem kurzfristigen Einsatz erfahren und viel Zeit hattest du, um dich darauf vorzubereiten?

Tim Wendt: Das ging alles so schnell! Ich war mittags bei meiner Freundin, um ihrer Mutter beim Umzug zu helfen und hatte mein Handy auf lautlos. Irgendwann meinte meine Freundin, ich hätte mehrere verpasste Anrufe von Christian Sprenger, meinem Trainer in der U23. Als ich ihn zurückrief meinte er nur: `Wo bist du? Niklas Landin ist krank, du sollst heute Erste spielen´. Da bin ich sofort nach Hause, habe meine Klamotten geholt und bin los. Meine Freundin hat mich noch versucht zu beruhigen, ich war aber trotzdem durchgeschwitzt und aufgeregt, als ich beim Treffpunkt ankam.

Kanntest du denn schon den ein oder anderen?

Tim Wendt: Sebastian und Lucas Firnhaber kenne ich aus der A-Jugend des THW und auch Rune Dahmke kannte ich vorher. Außerdem haben wir in der Länderspielpause schon Mal mit den in Kiel gebliebenen Spielern der Ersten trainiert, allein das war schon cool.

Und wie wurdest du aufgenommen?

Tim Wendt: Ich wurde von allen absolut herzlich aufgenommen, auch wenn einige sicher auch überrascht waren, dass ich da auf einmal in der Kabine saß. Die haben mich aber alle super an die Hand genommen, mit mir geschnackt und mir erklärt, wie alles abläuft.

Und wie unterscheiden sich die Vorgänge in der Kabine des THW Kiel von denen in der Oberliga?

Tim Wendt: Das sind schon große Unterschiede. Fast jeder hat sein eigenes Ritual, ist voll konzentriert und beschäftigt sich mit sich selbst. Viele arbeiten zum Beispiel auch schon in der Kabine mit Thera-Bändern oder bringen ihre Muskulatur mit anderen Übungen auf Temperatur.

Danach ging es dann in die Halle!

Tim Wendt: Der Einlauf war wirklich etwas ganz Besonderes. Das kennt man ja sonst nur aus dem Fernsehen. Einfach unbeschreiblich, wenn man das selbst einmal erleben darf. Allein dafür hat es sich schon gelohnt!

Das Highlight sollte aber erst noch kommen!

Tim Wendt: Oh ja. Ich war schon extrem aufgeregt auf der Bank, habe es aber sehr genossen und versucht, Andi Wolff so gut wie möglich zu helfen. Ich habe genau das gemacht, was ich sonst auch tue. Kurz vor Schluss hat dann Alfred Gislason Andi zu sich gerufen und kurz mit ihm gesprochen, danach kam er zu mir und meinte: `Hey Tim, zwei Minuten vor dem Ende bring ich dich`. Und dann war es auch schon so weit!

Es gibt schlechtere Debüts! Immerhin hast du eine Quote von 100 Prozent gehaltener Bälle!

Tim Wendt: Ich hatte ja noch nicht einmal damit gerechnet, überhaupt zum Einsatz zu kommen. Geträumt hatte ich davon, vielleicht bei einem Siebenmeter ins Tor zu dürfen. Dass es dann zwei Minuten wurden und das dann auch noch so gut lief, war das absolute i-Tüpfelchen! Nach dem Schlusspfiff hat mir jeder aus der Mannschaft gratuliert und mein Handy hat quasi geglüht, so viele Nachrichten hab ich bekommen. Einfach unglaublich!

Und was steht nun als nächstes bei dir an?

Tim Wendt: Am Samstag um 17 Uhr geht es in der Oberliga bei der SG Wift Neumünster weiter, darauf werde ich mich voll konzentrieren. Immerhin spielen wir als Dritter gegen den Zweiten. Sollte Christian Sprenger aber irgendwann noch einmal anrufen und der THW Kiel mich in der Ersten brauchen, würde ich natürlich sofort wieder alles stehen und liegen lassen. Das war ein absolutes Highlight!

Vielen Dank für das Gespräch!