21.08.2016  Intern

„Eine sehr wertvolle Medaille“

Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) gewinnt nach einer Energieleistung mit 31:25 (17:13)-Toren gegen Polen und sichert Bronze – die erste olympische Medaille nach 2004. Bester Torschütze war Rechtsaußen Tobias Reichmann (Kielce) mit sieben Toren.

Als es geschafft war, als die letzte Sirene ertönte, fielen sich die Profis aus Berlin, Gummersbach, Balingen, Mannheim, Kiel und Magdeburg entrückt übereinander her, auch das Trainerteam um Dagur Sigurdsson umarmte sich. So sehr die deutschen Handballer das Aus im olympischen Halbfinale gegenn Frankreich (28:29) noch deprimiert hatte, so enthuastisch feierten sie nun den Sieg im kleinen Finale gegen Polen. Mit 31:25 (17:13)-Toren hielt das Team um Kapitän Uwe Gensheimer (Paris) die Osteuropäer sicher auf Abstand und betonte danach den Wert der olympischen Bronzemedaille.
 
„Das ist jetzt einfach nur ein überragendes Gefühl“, sagte der Halblinke Julius Kühn (VfL Gummersbach), dervier wichtige Treffern aus dem Rückraum beisteuerte. „Ich habe kein dummes Gefühl, ich habe ein Siegergefühl“, strahlte Abwehrchef Finn Lemke (SC Magdeburg) nach der „mental schwierigsten Partie im Handball“, wie sie Bundestrainer Dagur Sigurdsson nannte. „Das Halbfinal-Aus war zwar extrem bitter, auch für mich, weil ich da keine Akzente setzen konnte“, sagte Keeper Andreas Wolff (THW Kiel). „Aber für mich ist diese Medaille sehr wertvoll.“
 
Der Torwart kündigte weitere Großtaten für die WM 2017 in Frankreich an, die schon in gut 140 Tagen startet. „Diesmal haben wir den Franzosen den Sieg noch gegönnt“, juxte Wolff. „Wir haben eine sehr gute Mannschaft, die nächsten Turniere können meinetwegen schnell kommen“, sagte Sigurdsson, der Baumeister des Erfolgs. „Ich bin sehr stolz auf die Leistung und freue mich besonders für Spieler wie Paul Drux, Silvio Heinevetter oder Patrick Wiencek, die beim EM-Titel nicht dabei sein konnten.“
 
Die deutschen Profis waren recht mäßig gegen die Mannschaft von Talant Dushebajew gestartet. Die Wiederauflage des kleinen olympischen Finals von 1976 (damals unterlagen Heiner Brand, Joachim Deckarm & Co.) verlief zunächst ausgeglichen. Doch als die Polen die deutsche 5:4-Führung in der zehnten Minute mit vier Treffern in Folge zum 5:8 (15.) konterten, weil der deutsche Angriff kopflos und überhastet agierte, nahm Sigurdsson ein Time-Out. „Ich hatte trotz des Rückstandes ein gutes Gefühl, weil ich gesehen habe, dass die Jungs unbedingt wollten“, sagte der Isländer.
Der Coach brachte Steffen Weinhold (Kiel) für Fabian Wiede (Füchse) auf der Linkshänderposition im Rückraum, und da auch die 6:0-Abwehr nun anzog, lief es viel besser für den Europameister. Kapitän Uwe Gensheimer (Paris) stellte nach 18 Minuten die Partie auf 8:8. Und als sich Weinhold in Unterzahl zum 10:8 (22.) durchsetzte, führten die Deutschen erstmals mit zwei Toren.
 
Die polnischen Angreifer kamen, abgesehen von lichten Momenten des Ex-HSV-Profis Krysztof Lijewski, jetzt kaum noch durch. Als Gensheimer einen langen Pass vor dem herausstürmenden Keeper Wyszomirski schnappte und ins leere Tor vollstreckte, stand es 14:10 (28.). Die starke zweite Viertelstunde krönte dann Tobias Reichmann (Kielce) drei Sekunden vor der Halbzeitpause, als er aus spitzem Winkel zum 17:13 einnetzte, der Rechtsaußen war mit sieben Treffern der beste deutsche Schütze.
 
Nach Wiederanpfiff scheiterte Weinhold zwar zweimal in Folge. Aber die Abwehr stand und setzte dem Gegner stark zu, so dass der Kieler Linkshänder mit seinem dritten Versuch auf 19:14 (36.) erhöhen konnte. Als Reichmann kurz danach, einen Doppelschlag vollendend, per Tempogegenstoß zum 21:15 (38.) vollstreckte und sein Klubkollege aus Kielce, Karol Bielecki, noch eine Zeitstrafe kassierte, waren die Weichen auf Sieg gestellt.
 
Die Osteuropäer kämpften zwar verbissen um die Medaille, aber der Europameister ließ einfach nicht nach. Wiede mit großer Energieleistung und Reichmann erneut per Tempogegenstoß legten dann zum 25:18 (43.) vor. Danach folgte nur noch eine kleinere Krise, als Jurkiewicz in Unterzahl auf 25:20 (47.) verkürzte und die deutschen Werfer sich nun fünf Fahrkarten in Folge leisteten.
 
In der Phase aber stand wieder die Abwehr, und da auch Keeper Wolff weitere freie Würfe wegnahm, konnten die Polen nicht mehr entscheidend verkürzen. Kühn löste dann mit einem Gewaltwurf endgültig die Bremse. Und als Kreisläufer Patrick Wiencek (THW Kiel) vom Kreis auf 30:24 stellte, konnte die Party beginnen, obwohl nach 160 Sekunden zu spielen waren. „Ich werde die Jungs heute nicht steuern“, versprach Sigurdsson, als Gensheimer & Co. längst enthemmt die erste olympische Medaille seit 2004 (Silber) feierten.
 
E. Eggers