17.08.2016  Intern

DHB-Team im Rausch - Frankreich im Blick

Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) überrollt in der zweiten Halbzeit den Asienmeister Katar mit 34:22 (16:12)-Toren und erreicht erstmals seit 2004 wieder ein olympisches Halbfinale. Am Freitag wartet im Halbfinale von Rio de Janeiro nun Titelverteidiger Frankreich. „Wir wissen, was zu tun ist“, sagt Bundestrainer Dagur Sigurdsson.

Sechs Minuten standen noch auf der Uhr, als Andreas Wolff ausgewechselt wurde. Der Torwart vom THW Kiel schritt die Bank ab und klatschte alle ab, während er in der Future Arena von den deutschen Fans frenetisch bejubelt wurde. Denn das Viertelfinale des olympischen Handballturniers gegen Katar war schon entschieden, da die deutschen Profis teils wie im Rausch gespielt hatten. Am Ende demontierte das fantastisch aufgelegte Team von Dagur Sigurdsson den Asienmeister mit 34:22 (16:12)-Toren und steht nun im Halbfinale am Freitag gegen den Titelverteidiger Frankreich, das zuvor den Gastgeber Brasilien (34:27) bezwungen hatte.

Beste Torschützen beim homogenen Europameister waren die Flügelspieler Uwe Gensheimer (Paris) und Tobias Reichmann (Kielce) sowie der überragende Rückraum-Linkshänder Fabian Wiede (Füchse Berlin) mit je fünf Toren. „Es ging dann einfach alles“, meinte der 22-Jährige Rückraum-Linkshänder hinterher. „Jeder Pass kam an. Jeder Wurf war drin. Es war großartig.“ Sogar Wolff brach nach der Partie sein selbstverordnete Schweigen. „Defensive gewinnt Meisterschaften“, verkündete der 25-Jährige, der sich wieder in Topform präsentiert hatte.

Steffen Fäth (Berlin) war für Christian Dissinger (Kiel), der im Krankenhaus operiert werden musste, in den Kader gerutscht, spielte aber zunächst nicht. Sigurdsson wählte nämlich wieder die „kleine“ Aufstellung im Rückraum, mit Kai Häfner (Hannover) als Regisseur und Paul Drux auf der halblinken Rückraumposition. Und die Deutschen, sie waren sofort da.

Nach 34 Sekunden netzte Wiede zum ersten Mal, Torwart Wolff parierte den ersten Ball der Katarer, und Kreisläufer Hendrik Pekeler (Löwen) erhöhte zum 2:0 (3.). Doch die Katarer zogen nun ihr Positionsspiel auf, das auf den Halblinken Rafael Capote, einen früheren Kubaner, zugeschnitten ist. Der Shooter traf in Halbzeit Eins, wie er wollte, sieben Mal flogen seine Rückraumgeschosse in die Maschen. Die Deutschen lagen bald mit 3:4 (7.) zurück.

Während die deutschen Profis bei der 24:26 im WM-Viertelfinale 2015 gegen den gleichen Gegner noch Nerven gezeigt hatte, konterten sie diesmal cool, unterstützt von einem erneut formstarken Keeper. Bis zum 8:8 (17.) blieb die Partie völlig offen, aber als Wolff vier Bälle in Folge parierte und seine Fangquote nun bei 47 Prozent lag, zogen die Deutschen auf 12:8 (21.) davon, Drux beendete den Lauf nach einem gewonnen Zweikampf.

Die Katarer kamen noch einmal zurück, verkürzten durch Capote auf 12:10 (25.). Nun gab es auch Rückschläge, etwa, als Wiede aus freier Position an Katars Keeper Saric scheiterte. Doch als Reichmann einen Abpraller schnappte und Gensheimer mit einem harten Pass über das Spielfeld Gensheimer bediente, lag das Momentum wieder bei den Deutschen. Gensheimer vom Kreis und der nervenstarke Reichmann per Tempogegenstoß stellten noch vor der Pause auf 16:12.

Nach der Pause suchten die Deutschen entschlossen die Entscheidung. Wolff parierte den ersten Wurf und den folgenden Siebenmeter. Die Abwehr war kaum noch zu bezwingen, und der deutsche Angriff bot nun spielerisch herausragenden Sport. Häfner leitete die beste deutsche Phase mit einem krachenden Unterarmwurf ein. Kurz darauf glänzte Wiede als Passgeber, als er Pekeler ohne Blickkontakt zum 19:13 (35.) bediente, und mit zwei krachenden Würfen aus dem Stand erhöhte der überragende deutsche Profi zum 24:17 (44.). „Jede Aktion klappte“, sagte Pekeler.

Als Wolff dann Bertrand Roine einen Wurf abkaufte und Gensheimer den folgenden Tempogegenstoß zum 27:19 (48.) in die Maschen jagte, nahm Katars Traier Valero Rivera eine Auszeit. Zu spät, die Partie war durch. Sigurdsson konnte neue Profis wie Steffen Weinhold (Kiel) und Fäth bringen, um die Einsatzzeiten zu verteilen. Und die rund 400 deutschen Fans in der Future Arena feierten schon lautstark den ersten Halbfinaleinzug einer deutschen Mannschaft in einem olympischen Turnier seit 2004. „Die Abwehr war überragend, der Torwart super“, lobte Bundestrainer Sigurdsson. „Man darf diesen Sieg nicht falsch bewerten, weil das ein K.o.-Spiel war.“ Das Trainerteam werde sich nun an die Analyse des Olympiasiegers machen. „Wir wissen, was zu tun ist.“

Erik Eggers