15.08.2016  Intern

Mit Schwung ins Viertelfinale

Mit 31:25 (15:12)-Toren gewinnt die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) gegen Ägypten auch das letzte Vorrundenspiel im olympischen Turnier. Nach dem Gruppensieg treffen Andreas Wollf & Co. nun am Mittwoch auf Katar oder Argentinien. Bundestrainer Dagur Sigurdsson warnt vor Überheblichkeit.

Rio de Janeiro. Als er in die Mixed Zone kam, schüttelte Andreas Wolff nur kurz den Kopf und marschierte weiter in die Mannschaftskabine. Einen Kommentar wollte der Nationalkeeper vom THW Kiel nicht abgeben. Das störe seine Konzentration, hatte der Torwart vor einer Woche erklärt. Dabei hatte sich der 25-Jährige im letzten Gruppenspiel des olympischen Turniers enorm gesteigert und nicht nur drei Siebenmeter pariert. Speziell in der ersten Halbzeit, als er eine Fangquote von 50 Prozent aufwies, hatte er die ägyptischen Werfer verzweifeln lassen und so die Grundlage zum souveränen 31:25 (15:12) -Sieg gegen den Afrikameister gelegt.
 
„Das war nicht leicht heute. Das war heute eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Abwehr und Torwart“, lobte Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Damit trifft  Deutschland als Gruppensieger (8:2-Punkte) am Mittwoch im Viertelfinale (Uhrzeit noch offen) entweder auf den Asienmeister Katar oder Argentinien und besitzt damit gute Chancen auf die erste olympische Halbfinalteilnahme seit 2004. „Das sind zwei Mannschaften auf Topniveau“, warnte Sigurdsson vor dem größten Gegner eines jeden Handballprofis: Überheblichkeit.
 
Aber der Isländer zog doch zufrieden eine Zwischenbilanz. „Der Gruppensieg ist ein gutes Signal und eine Bestätigung unserer Arbeit der letzten zwei Jahre“, sagte der 43-Jährige, der im September 2014, als die Mannschaft in Trümmern lag, das Amt des Bundestrainers übernommen hatte. „Ich bin sehr zufrieden mit den Jungs. Sie hatten alle einen klaren Fokus.“
 
Es war von Beginn an eine Show von Torwart Wolff. Er hielt den ersten Ball aus dem Rückraum und verschaffte damit der 6:0-Abwehr um Finn Lemke (SC Magdeburg) Sicherheit. Nach einer kurzen Phase des Abtastens zog der Favorit beim 5:3 (9.) erstmals davon, als Christian Dissinger aus dem Rückraum abzog – der Kieler Halblinke genoss seine ersten längeren Einsatzzeiten in diesem Turnier. „Jetzt ist Christian auch im Turnier, das ist sehr gut, weil wird dadurch eine größere Breite im Kader haben. Das kann uns hintenraus sehr helfen“, sagte Bob Hanning, der Vizepräsident Leistungssport im Deutschen Handballbund (DHB).
 
Die Ägypter stemmten sich zwar gegen die deutschen Angreifer und hielten, obwohl Wolff weiter stark parierte, zwei Siebenmeter entschärfte und zahlreiche Tempogegenstöße erfolgreich einleitete, das Spiel bis zum 11:10 (21.) offen. Aber sie profitierten in dieser Phase auch von den vielen Zeitstrafen gegen die Deutschen, die dann meistens im Angriff den Torwart wechselten und einen sechsten Feldspieler brachten. „Diese Zeitstrafen haben uns das Leben immer wieder schwer gemacht“, meinte Sigurdsson.
 
Aber dann versperrrte immer wieder Wolff das Tor. Als er einen hart geworfenen Ball aus dem Rückraum fing (!), schickte er Tobias Reichmann (Kielce) auf die Reise, und der Rechtsaußen erhöhte auf 14:10 (26.), nach einer Doublette dieser Folge stand es 15:10 (28.). „Wir haben hinten sehr gut gestanden und uns von Spiel zu Spiel gesteigert“, freute sich Rückraum-Linkshänder Steffen Weinhold (Kiel). Als Wolff dann dem Ägypter Elmasry aus der Nahdistanz spektakulär einen Ball abkaufte, indem er seinen linken Fuß blitzartig auf Kopfhöhe hochschnellen ließ, sicherte er die 15:12-Halbzeit ab. „Das war eine wichtige Parade“, sagte Weinhold.
 
Hellwach startete der Europameister in den zweiten Abschnitt. Die bewegliche Deckung stahl sofort zwei Bälle. Kreisläufer Hendrik Pekeler (Löwen) nutzte ein glänzendes Anspiel Lemkes zum 16:12, der erneut effektive Reichmann erhöhte dann gar auf 17:12 (33.). Nun hatten die Ägypter enorme Probleme im Positionsspiel. Als Kai Häfner (Hannover) zum 21:15 (37.) per Tempogegenstoß sein viertes Tor netzte, war der Widerstand aber noch nicht ganz gebrochen.
 
Der Afrikameister verkürzte zwar noch einmal auf 21:18 (41.) und 25:22 (50.), da die deutsche Defensive nun etwas nachließ. Aber als dann Häfner, Pekeler und zweimal Kapitän Uwe Gensheimer (Paris), der mit 7/3 Toren beste Schütze, auf 29:22 stellten, stand sieben Minuten vor der Schlusssirene der Gruppensieg fest. Den Rest der Spielzeit brachten die deutschen Profis cool über die Zeit. Sie gehen, sagte Hanning, mit Zuversicht und Selbstvertrauen in das Viertelfinale: „Der Gruppensieg war das Maximale. Wir wollen unseren Traum weiterleben.“
 
E. Eggers