16.01.2017  Handball Weltmeisterschaft

Dominiks WM-Tagebuch (3): Sieg gegen Chile war eine Machtdemonstration

Unser WM-Experte Dominik Klein kommentiert das Geschehen bei der Handball Weltmeisterschaft 2017 in Frankreich. Nach dem deutlichen Sieg gegen Chile lobt er insbesondere die Deckung der Bad Boys und berichtet von seinem ersten WM-Spielbesuch in Nantes.

Liebe Handball-Fans,

ich war am Sonntag zum ersten Mal endlich auch selbst auf den Zuschauerrängen bei einem WM-Spiel und habe mir den Auftritt des Gastgebers gegen Norwegen angesehen. Die Stimmung in der Halle war wirklich unfassbar. Gerade, wenn die beiden WM-Maskottchen Rok und Koolette das Spielfeld betreten, rasten alle aus. Ich will nicht wissen, wie das Dach wegfliegt, wenn die Franzosen in der K.o.-Runde im Fußballstadion von Lille vor 27.000 Zuschauern spielen wollen.

Aber nicht nur die Atmosphäre in der Halle, sondern auch das spielerische Niveau der Franzosen und Norweger war beeindruckend. Beide Mannschaften haben um jeden Zentimeter gekämpft, das hat enorm Spaß gemacht mit anzusehen.

Den deutschen Fans wird es gegen Chile wohl ähnlich gegangen sein. Der Auftritt der Bad Boys am Sonntag war eine Machtdemonstration: Überragende Deckung – und die seltenen Male, in denen ein chilenischer Angreifer durchgekommen ist, war Andi Wolff zur Stelle. Jetzt ist jeder Spieler im Turnier angekommen, hat positive Erfahrungen gesammelt. Besser geht es nicht.

Die Ausgangslage für die kommenden Gruppenspiele ist ähnlich wie gegen Chile: Auch gegen Saudi-Arabien und Weißrussland sind wir die klaren Favoriten. Aber so eine Situation ist auch einmal ganz angenehm. Wir sind die besseren Handballspieler und sollten das auch zeigen, wie Bundestrainer Dagur Sigurdsson schon gesagt hat. Es geht darum, in jedem Spiel den vermeintlichen Klassenunterschied zu bestätigen. Diese Stellung haben sich die Jungs erarbeitet und ich glaube, gerade die jungen Spieler, die zum ersten Mal bei einer WM dabei sind, sind heiß darauf, sich auf der großen Bühne zu beweisen. Wie der Gegner heißt, spielt dabei dann gar keine große Rolle.

Die kommenden beiden Spiele kann die Mannschaft nutzen, um sich weiter zu festigen und zu verbessern und sich für das wahrscheinliche Finalspiel um den Gruppensieg gegen Kroatien ein gutes Gefühl zu holen. Um die Einstellung im Team braucht man sich also sicher keine Sorgen machen. Spätestens Dagur Sigurdsson wird dafür sorgen, dass alle ihre Aufgaben voll konzentriert angehen.

Aber nicht nur die Deutschen sind im Turnier angekommen. Im Grunde hat sich noch keiner der Favoriten eine Blöße gegeben. Die Franzosen, die Dänen, die Spanier, die Kroaten – alle machen einen guten Eindruck. Überraschende Ergebnisse sind bisher eher ausgeblieben.

Übrigens habe ich das französische Team inzwischen auch schon einmal in ihrem Hotel besucht und man merkt, dass die Spieler sehr fokussiert sind. Die Jungs wohnen recht abgeschottet ein wenig außerhalb von Nantes in einer ganz ruhigen Ecke. Vor dem Hotel wimmelt es vor Polizei und Wachleuten wie auch bei allen anderen Teamhotels.

Grundsätzlich kommen mir die Sicherheitsvorkehrungen bei diesem Turnier sehr hoch vor. Auch in der Arena wird man beim Einlass genauestens kontrolliert. Aber das ist einfach Teil der guten Organisation. Nur das Verkehrschaos, wenn nach einem Match alle Zuschauer mit Einzelticket aus der Halle strömen und nach Hause fahren wollen, haben die Franzosen noch nicht so ganz im Griff.

Viele Grüße aus Nantes,

Euer „Mini“

 

Dominik Klein, 33, ist der WM-Experte der DKB Handball-Bundesliga. Seit dem Sommer 2016 spielt der Linksaußen für den französischen Spitzenklub HBC Nantes und kennt sich damit im Land des Gastgebers bestens aus. Zuvor war Klein für den TV Großwallstadt (2002-03, 2005-06), die SG Wallau-Massenheim (2003-2005) und den THW Kiel (2006-16) in der DKB Handball-Bundesliga aktiv und  avancierte zum absoluten Publikumsliebling. Seine Trophäensammlung ist rekordverdächtig: Mit den Zebras aus Kiel wurde Klein acht Mal Deutscher Meister, sechs Mal DHB-Pokalsieger und gewann drei Mal die EHF Champions League. Dazu kommen fünf Erfolge im Super Cup ein Titel bei der Klub-WM. Nicht minder beeindruckend ist Kleins Nationalmannschaftskarriere: In 187 Länderspielen erzielte der Rechtshänder 370 Treffer und holte den WM-Titel 2007 im eigenen Land.

Dominik Klein ist mit Isabell, der Spielführerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, verheiratet. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn. Aus seiner neuen Heimat Nantes wird „Mini“ regelmäßig in Kolumnen für die DKB Handball-Bundesliga über das WM-Geschehen berichten und als „Außenreporter“ interessante Einblicke ins Land des Gastgebers geben.

 

Foto: Klahn