26.01.2017  Handball Weltmeisterschaft

Dominiks WM-Tagebuch (8): WM-Halbfinale mit Sicherheit kein Selbstläufer

Unser WM-Experte Dominik Klein kommentiert das Geschehen bei der Handball-Weltmeisterschaft 2017 in Frankreich. In dieser Ausgabe spricht er über das hohe Niveau der WM, die beiden Halbfinals und lobt die Arbeit des jungen norwegischen Trainer-Duos Christian Berge und Börge Lund.

Liebe Handball-Fans,

 

die Viertelfinalspiele bei der WM haben mich beeindruckt, die Jungs bringen allesamt ein unglaublich hohes Niveau auf die Platte. Das zieht sich schon durchs ganze Turnier: Die Teams verwöhnen uns in Frankreich wirklich mit Weltklasse-Handball. Und das verspricht einiges fürs Halbfinale! Sowohl zwischen Frankreich und Slowenien, als auch zwischen Kroatien und Norwegen dürfte Spannung garantiert sein.

Das Viertelfinale der Franzosen gegen Schweden war unglaublich knapp. Die Schweden hätten zwischenzeitlich noch höher führen können, haben aber im Rückblick ein paar Chancen zu viel liegen lassen und am Ende zogen die Gastgeber dann eben wieder ihr Ding durch.

Und jetzt, wo es für die Franzosen vor der historischen, fast magischen Heim-Kulisse in Paris Bercy um die Medaillen geht, werden sie sich wohl nicht mehr aufhalten lassen. Die Frage ist wahrscheinlich nur, auf wen sie im Finale treffen. Aber Vorsicht: Diese Erwartungshaltung birgt natürlich die Gefahr, die wir beim deutschen Team so bitter erfahren mussten, dass im Kopf schon der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird.

Klar, das Halbfinale oder Finale einer WM werden mit Sicherheit keine Selbstläufer. Aber die erfahrenen Spieler in der Equipe Tricolore wie Daniel Narcisse oder Nikola Karabatic lenken das Spiel in den entscheidenden Phasen unvergleichlich, treffen in der Crunchtime immer die richtigen Entscheidungen. Diese Jungs wissen aus den vergangenen Jahren genau, wie man Titel gewinnt, und diese Erfahrung werden sie in den kommenden beiden Spielen in die Waagschale werfen.

Das andere Halbfinale zwischen Kroatien und Norwegen ist für mich extrem ausgeglichen. Das Match wird bestimmt unglaublich spannend, am liebsten würde ich eine Verlängerung sehen. Kroatien hat mit dem Sieg gegen Spanien im Viertelfinale seine zweite Luft im Turnier bekommen. Und die Norweger ziehen ihren Vollgas-Handball seit der ersten Minute durch, lassen sich nicht von ihrem Weg abbringen.

Es macht einfach Spaß, den Norwegern beim Handball spielen zuzusehen. Ich glaube, das junge Trainer-Duo Christian Berge und Börge Lund, das für eine gute Harmonie im Team gesorgt hat, hat an diesem Aufschwung großen Anteil. Das Viertelfinale gegen Ungarn haben die Skandinavier auf jeden Fall in beeindruckender Manier dominiert. Und das, obwohl Christian Berge seine Vorbereitung offenbar ganz auf Dänemark ausgerichtet hatte.

Wie ich gehört habe, war Christian so von einem Sieg der Dänen gegen Ungarn im Achtelfinale ausgegangen, dass er eigentlich gar keine Videosequenzen zu Ungarn fürs Video-Studium parat hatte. Dann haben sich die Norweger eben einfach den Achtelfinal-Coup der Ungarn ganz genau angesehen – und am Ende hätte es für Bjarte Myrhol und Co. ja nicht erfolgreicher laufen können.

 

Viele Grüße aus Nantes,

Euer „Mini“

 

Dominik Klein, 33, ist der WM-Experte der DKB Handball-Bundesliga. Seit dem Sommer 2016 spielt der Linksaußen für den französischen Spitzenklub HBC Nantes und kennt sich damit im Land des Gastgebers bestens aus. Zuvor war Klein für den TV Großwallstadt (2002-03, 2005-06), die SG Wallau-Massenheim (2003-2005) und den THW Kiel (2006-16) in der DKB Handball-Bundesliga aktiv und  avancierte zum absoluten Publikumsliebling. Seine Trophäensammlung ist rekordverdächtig: Mit den Zebras aus Kiel wurde Klein acht Mal Deutscher Meister, sechs Mal DHB-Pokalsieger und gewann drei Mal die EHF Champions League. Dazu kommen fünf Erfolge im Super Cup ein Titel bei der Klub-WM. Nicht minder beeindruckend ist Kleins Nationalmannschaftskarriere: In 187 Länderspielen erzielte der Rechtshänder 370 Treffer und holte den WM-Titel 2007 im eigenen Land.

Dominik Klein ist mit Isabell, der Spielführerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, verheiratet. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn. Aus seiner neuen Heimat Nantes wird „Mini“ regelmäßig in Kolumnen für die DKB Handball-Bundesliga über das WM-Geschehen berichten und als „Außenreporter“ interessante Einblicke ins Land des Gastgebers geben.