20.01.2017  Handball Weltmeisterschaft

Dominiks WM-Tagebuch (5): Jetzt geht das Turnier erst richtig los!

Unser WM-Experte Dominik Klein kommentiert das Geschehen bei der Handball-Weltmeisterschaft 2017 in Frankreich. Diesmal blickt er auf die überraschende Nachnominierung von Hendrik Pekeler, spricht seinem ehemaligen Vereinskameraden Rune Dahmke Mut zu und freut sich, dass nun endlich die ersten Endspiele anstehen.

Hallo liebe Handball-Fans,

 

Gegen Kroatien werden zwei neue Spieler das deutsche Trikot tragen. Damit, dass Glandorf kommt, haben ja irgendwie alle gerechnet. Auch dass „Peke“ zum Team stoßen könnte, geisterte offenbar schon länger durch die Handballszene. Für meinen alten THW-Mannschaftskameraden und Zimmerpartner Rune Dahmke tut es mir unendlich leid. Wie er sich momentan fühlen muss, kann man sich vorstellen. Er war fester Bestandteil dieses erfolgreichen WM-Starts und muss den restlichen Turnierverlauf jetzt vom Sofa aus verfolgen.

Ich würde mich freuen, wenn er sich davon nicht allzu sehr ernüchtern lässt und sich im Klaren darüber ist, dass die Entscheidung aufgrund der taktischen Überlegungen von Dagur so gefallen ist und keine sportlichen Gründe hatte. Ich bin mir sicher, er wird von allen Seiten Zuspruch erhalten und eines ist auch klar: Er ist im Vorjahr Europameister als einziger Linksaußen geworden und er wird sicher noch viele weitere Turniere spielen und dabei die Chance auf unvergessliche Erfolge haben.

 

Ganz unabhängig von Runes persönlichem WM-Aus bringen die beiden Nachnominierungen natürlich wieder eine ganz neuen Dynamik in die deutsche WM-Mission: Welche taktischen Möglichkeiten eröffnen sich jetzt für Dagur? Wechselt er seine Strategie? Das wird spannend zu beobachten sein. Natürlich muss sich das Team jetzt noch einmal neu finden, aber die Jungs sind so gut, dass das kein Problem werden dürfte. Alle brennen jetzt auf die entscheidenden Spiele bei dieser WM.

Ich glaube, dass unsere Mobilität in der Abwehr mit Holger Glandorf und Hendrik Pekeler noch größer wird. Bisher stand die Deckung schon ganz ordentlich. Aber jetzt kommen die K.o.-Spiele, bei denen jede Idee des Bundestrainers greifen muss. In dieser Hinsicht sollte man auch als Dahmke-Fan Verständnis für die Personalwechsel vor dem Kroatien-Spiel haben.

Am Ende geht es eben um ein großes gemeinsames Ziel. Deswegen sollten wir uns nicht allzu lange damit aufhalten, über Personalentscheidungen zu hadern: Jetzt geht es darum, voll hinter dem Team zu stehen, Herz und Emotionen zu zeigen. Jetzt geht das Turnier erst richtig los: Wir wollen nach Paris kommen und dort bis zum Schluss bleiben. Also: Geht an die Laptops, streamt die deutschen Spiele auf die großen Bildschirme – lasst uns anfangen, richtig Gas zu geben!

Ich selbst werde leider erst die zweite Halbzeit gegen Kroatien sehen können, weil wir vorher noch Training in Nantes haben. Aber ich werde mich beeilen und die Bad Boys dann lautstark anfeuern, denn ich will ja ihr Achtelfinale am Sonntag live in Paris verfolgen. Natürlich würde ein Sieg gegen Kroatien aber nicht nur meine Anreise zum Achtelfinale erleichtern. Auch die Jungs könnten sich damit einen kräftezehrenden Trip durch ganz Frankreich nach Montpellier sparen.

Bei den Kroaten gab es vor dem letzten Spiel übrigens auch einige Personalwechsel, die ich sogar selbst hautnah miterlebt habe: Mein kroatischer Teamkollege in Nantes, Jerko Matulic, hat auf einmal im Training gefehlt. Dann war schnell klar: Er ist ganz schnell nach Rouen gereist, weil sich der zweite Rechtsaußen der Kroaten verletzt hat. Jetzt wird Jerko am Freitag gegen Deutschland auf der Platte stehen. So schnell kann es im Handball eben gehen.

Jerko in allen Ehren, sportlich wichtiger wird für die Kroaten aber natürlich Domagoj Duvnjak sein. „Dule“ ist der Leader in einem Team, das grundsätzlich bei internationalen Turnieren mit viel Herzblut für sein Vaterland auftritt. Dem deutschen Team wird also ein heißes Finale um den Gruppensieg bevorstehen.

Viele Grüße aus Nantes,

Euer „Mini“

 

Dominik Klein, 33, ist der WM-Experte der DKB Handball-Bundesliga. Seit dem Sommer 2016 spielt der Linksaußen für den französischen Spitzenklub HBC Nantes und kennt sich damit im Land des Gastgebers bestens aus. Zuvor war Klein für den TV Großwallstadt (2002-03, 2005-06), die SG Wallau-Massenheim (2003-2005) und den THW Kiel (2006-16) in der DKB Handball-Bundesliga aktiv und  avancierte zum absoluten Publikumsliebling. Seine Trophäensammlung ist rekordverdächtig: Mit den Zebras aus Kiel wurde Klein acht Mal Deutscher Meister, sechs Mal DHB-Pokalsieger und gewann drei Mal die EHF Champions League. Dazu kommen fünf Erfolge im Super Cup ein Titel bei der Klub-WM. Nicht minder beeindruckend ist Kleins Nationalmannschaftskarriere: In 187 Länderspielen erzielte der Rechtshänder 370 Treffer und holte den WM-Titel 2007 im eigenen Land.

Dominik Klein ist mit Isabell, der Spielführerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, verheiratet. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn. Aus seiner neuen Heimat Nantes wird „Mini“ regelmäßig in Kolumnen für die DKB Handball-Bundesliga über das WM-Geschehen berichten und als „Außenreporter“ interessante Einblicke ins Land des Gastgebers geben.