17.01.2017  Handball Weltmeisterschaft

Torhungriges DHB-Team überrollt auch Saudi-Arabien

Favoritenrolle bestätigt: Der Europameister spielt sich gegen Saudi-Arabien in einen wahren Torrausch und gewinnt mit 38:24 (21:13) sein drittes Gruppenspiel bei der WM. Defensiv zeigt das DHB-Team dabei allerdings ungewohnte Schwächen.

Das Spiel in Kürze

 

In der Torwart-Frage entschied sich Bundestrainer Dagur Sigurdsson gegen Saudi-Arabien wieder für Silvio Heinevetter von Beginn an. Doch der Berliner erwischte, ganz im Gegensatz zu seinem Auftritt beim WM-Auftaktspiel gegen Ungarn, eine eher unglückliche Anfangsphase. Die ersten drei Würfe, die den Weg auf seinen Kasten fanden, waren drin.


Der Angriffsmotor der „Bad Boys“ lief dagegen vom Anpfiff an wie geschmiert – im Minutentakt schlug es im Tor der Saudis ein. Vor allem Patrick Groetzki, der auf Rechtsaußen dieses Mal den Vorzug vor Champions-League-Sieger Tobias Reichmann erhielt, zeigte sich in Torlaune und verwandelte gleich drei Mal in den ersten zehn Spielminuten.


Und das Scheibenschießen in Rouen ging munter weiter: Zur Halbzeit hatte es bereits 21 Mal im saudi-arabischen Tor geklingelt. Defensiv wirkte das DHB-Team dagegen nicht so konzentriert wie gegen Chile, ließ sich immer wieder vom unkonventionellen Stil des Außenseiters überrumpeln. Auch Andreas Wolff, der Heinevetter nach 22 Minuten ersetzte, schaffte es nicht, dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken.

Im zweiten Durchgang brauchte das deutsche Team den 21:13-Vorsprung aus der Pause nur noch zu verwalten. Rune Dahmke ersetzte Kapitän Uwe Gensheimer auf Linksaußen, Tobias Reichmann verschaffte Patrick Groetzki eine Verschnaufpause.

Auf dem Spielfeld setzte sich dagegen das bessere Testspiel unter Wettkampfbedingungen fort, das Bundestrainer Dagur Sigurdsson vor allem dafür nutzte, die Einsatzzeiten auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Julius Kühn sorgte nach 36 Minuten für die erste 10-Tore-Führung (25:15) der "Bad Boys".

Am Ende legte die deutsche Mannschaft sogar noch vier Tore drauf und besiegte nach Chile den nächsten Handball-Zwerg mit 38:24 (21:13). Bester Schütze des DHB-Teams, das sich nach drei Siegen in drei Spielen vorzeitig fürs Achtelfinale qualifizierte, war am Ende Steffen Fäth mit sechs Treffern.

 

Die Highlights 

 

4. Minute: Der Außenseiter überrascht
Drei Würfe, drei Treffer für Saudi-Arabien – die deutsche Deckung hat die gegnerischen Angreifer anfangs nicht so gut im Griff wie noch gegen Chile. Vorne läuft’s dafür wie geschmiert, Patrick Groetzki trifft dreimal in Folge, 5:3.


19. Minute: Vorne mühelos, hinten undiszipliniert
In der Defensive haben die Saudis dem Europameister überhaupt nichts entgegenzusetzen, die deutschen Angreifer treffen quasi im Minutentakt. Im Angriff überrascht der Außenseiter die körperlich eigentlich haushoch überlegenen DHB-Akteure aber ein ums andere Mal mit unkonventionellen Abschlüssen, 13:8.


22. Minute: Torwartwechsel bei den Bad Boys
Zeit für Andreas Wolff im deutschen Tor. Silvio Heinevetter hat nicht wirklich viele Hände an die Saudi-Arabischen Abschlüsse bekommen, der Handballer des Jahres soll’s jetzt besser machen. Aber auch Wolff muss gleich zweimal in Folge hinter sich greifen, 16:11.


30. Minute: Scheibenschießen mit Defensiv-Schwächen
21 Tore nach 30 Minuten, das DHB-Team feiert in Rouen ein wahres Scheibenschießen. Nur in der Defensive stockt es weiter ungewohnt. Mit 13 Gegentoren fangen sich Kapitän Uwe Gensheimer und Co. fast so viele Treffer wie gegen Chile im gesamten Spiel (14).


36. Minute: Zehn Tore Vorsprung
Julius Kühn trifft aus der zweiten Welle zum 25:15, zum ersten Mal liegt das DHB-Team mit einer zweistelligen Toranzahl in Front.


48. Minute: Pieczkowski verschafft Häfner Verschnaufpausen

Damit Kai Häfner, der einzige Linkshänder im deutschen Rückraum, seine Ruhepausen bekommt, ersetzt ihn Bundestrainer Dagur Sigurdsson seit dem Seitenwechsel durch den Leipziger Niclas Pieczkowski - und der nutzt seine Chance und trifft zum 32:19.

59. Minute: Wolff verletzt sich
Das ist bitter: Das Spiel ist schon lange entschieden, da fällt Andreas Wolff unglücklich auf die Hüfte und muss verletzt ausgewechselt werden. Hoffentlich fällt der Keeper damit nicht für die nächsten Aufgaben aus.

Spieler der Partie

 

Niclas Pieczkowski ist der Mann für alle Fälle im DHB-Team. Bundestrainer Dagur Sigurdsson wirft den Leipziger immer dort ins Wasser, wo Kollegen Verschnaufpausen brauchen: Rückraum rechts, Rückraum Mitte - der Rechtshänder findet sich überall zurecht und erfüllt seine Rolle im Team perfekt: immer konzentriert, immer mannschaftsdienlich. Gegen die Saudis brachte es Pieczkowski am Ende auf vier Tore und bestätigte Sigurdsson damit darin, dass er sich immer auf den 27-Jährigen verlassen kann.

Zahlen, Daten, Fakten

 

Deutschland – Saudi-Arabien 38:24 (21:13)
Heinevetter, Wolff – Gensheimer (4/3), Lemke, Wiencek (2), Reichmann (2), Fäth (6), Groetzki (5), Häfner (5), Dahmke (1), Kühn (5), Ernst (1), Pieczkowski (4), Kohlbacher (3), Drux für Deutschland // Alsaeed, Almutairi, Alabbas, Aljanabi, Almohsin (1), Alhammad, Saeed (4), Alabdulali, Alfarhan, Alsalem, Alobaidi, Abu Alrahi, Alabas (6), Alkhadrawi (5), Alsalem, Alzaer (8) für Saudi-Arabien
Zuschauer: 5400 (Kindarena, Rouen)
Schiedsrichter: Nachevski/Nikolov (Mazedonien)

Uwe Gensheimer hält seine atemberaubende Abschlussquote bei dieser WM. Gegen die Saudis traf der DHB-Kapitän alle seine vier Torwürfe, davon erneut drei von drei Strafwürfen.

Auch Steffen Fäth, der nach dem Abpfiff zum "Man of the Match" gewählt wurde, blieb gegen den Außenseiter fehlerfrei und traf alle seine sechs Torwürfe.

So geht es für die Teams weiter 

 

Für die deutsche Nationalmannschaft geht es bei der WM jetzt Schlag auf Schlag: Schon am Mittwoch steht das vierte Gruppenspiel gegen Weißrussland (LIVE auf www.handball.dkb.de) auf dem Programm. Wie die beiden Matches gegen Chile und Saudi-Arabien soll die Partie gegen das Team von Cheftrainer Juri Schewzow nur eine Etappe hin zum möglichen Endspiel um den Gruppensieg gegen Kroatien am Freitag sein. Die Saudi-Arabier sind nach drei Vorrundenspielen das einzige Team in Gruppe C ohne einen einzigen Sieg auf dem Konto. Am Mittwoch müssen die Außenseiter gegen Ungarn also unbedingt punkten, um ihre vagen Hoffnungen aufs Achtelfinale am Leben zu halten.