19.04.2019  LIQUI MOLY HBL

Berlin verliert die Pokal-Revanche knapp

Die Füchse aus Berlin wollten den Kielern einen harten Kampf bieten und besser auftreten als im Pokalhalbfinale vor einer Woche. Nach den ersten 30 Minuten sahen die 10.000 Zuschauern einen verbesserten Gastgeber und dementsprechend sogar eine Führung nach der ersten Hälfte. Am Ende einer dramatischen Schlussphase, in der die Berliner die große Chance zum Ausgleich hatten, sorgte ein von Niclas Ekberg abgefangener Wiede-Pass für Riesen-Jubel im Kieler Lager. Dadurch bleiben die Kieler den Flensburger im Meisterschaftsrennen weiter auf den Fersen.

Für die Haupstadt war es das Handball-Spiel des Jahres: Mit einer Zusatz-Tribüne wurde das Fassungsvermögen der Max-Schmeling-Halle auf 10.000 erhöht, und jeder Platz war besetzt: Eine ausverkaufte Arena, zwei Teams, die im Vergleich zum Pokal-Halbfinale zwölf Tage zuvor mit identischen Startformationen aufwarteten - es war alles angerichtet für ein Top-Spiel der DKB Handball-Bundesliga. Die vielen hundert THW-Fans in der Halle hatten indes in den ersten Minuten wenig zu feiern: Mit einem massiven Mittelblock setzte die Berliner Defensive die Kieler unter Druck, die ihrerseits in der Abwehr Schwächen offenbarten: Immer wieder fanden die Füchse Lücken am Kreis und auf den Halbpositionen, die sie eiskalt nutzten. Beim 6:4 waren sie erstmals mit zwei Toren in Führung, nach dem zwischenzeitlichen 10:9 des THW legten sie dann einen 4:0-Lauf hin: Beim 13:10 drohten die Gastgeber zu enteilen.

Dass sie es nicht taten, war vor allem Domagoj Duvnjak und Steffen Weinhold zu verdanken. Der Kieler Kapitän traf aus allen Lagen, sah seine Nebenleute wie Patrick Wiencek vor dessen Traum-Heber zum 8:8 und übernahm Verantwortung. Der Linkshänder Weinhold trat mit seinem Treffer zum 1:1 in den Club der 1000-fachen Bundesliga-Torschützen ein, machte Druck und sorgte mit Einzelaktionen immer wieder für wichtige Treffer. Weinhold war es dann auch, der zum 11:13 (28.) traf. Vier weitere Tore sollten bis zum Seitenwechsel folgen - gut, dass Wiencek mit dem 13:15 den Anschluss noch vor dem Wechsel schaffte.

Nach dem Wiederanpfiff regierten dann zunächst nur die Schwarz-Weißen. Weinhold nach Eins-gegen-Eins: 14:15. Parade Landin, erkämpfter Abpraller von Duvnjak, Nilsson: 15:15. Steal Duvnjak, Gegenstoß Niclas Ekberg: 16:15. Parade Landin, Duvnjak mit einem Strahl: 17:15 (36.). Mit einem halbzeitübergreifenden 5:0-Lauf hatten die Zebras die Begegnung gedreht. Doch die Füchse ließen sich davon nicht schocken, ließen die Zebras nicht davon ziehen. Die hatten in Duvnjak weiterhin ihren Motor, der den 21:19-Konter hart bedrängt verwandelte. Doch Marsenic und Zachrisson mit einem Schlagwurf markierten den neuerlichen Ausgleich. 15 Minuten vor dem Ende war die Partie offener denn je.

Doch nur vier Minuten später schien eine Vorentscheidung gefallen: Nilsson traf zum 23:22, Reinkind netzte einen Strahl aus zehn Metern ein, Niklas Landin bediente Wiencek zum Gegenstoß (25:22). Als Landin dann gegen Zachrisson parierte und Nilsson den an den Kreis eingelaufenen Ekberg zum 26:22 bediente, als Reinkind aus elf Metern das 27:23 (51.) und Pekeler nach Duvnjak-Traumpass das 28:24 (53.) nachlegte, war der THW am Drücker. Doch eine rote Karte für Miha Zarabec, der beim Zurückeilen Elisson foulte, brachte die Zebras in Bedrängnis: Lindberg verkürzte per fälligem Siebenmeter auf 26:28, dann drückte die Berliner Abwehr die Schwarz-Weißen in die Nähe des Zeitspiels. Mit einem unglaublichen Freiwurf von Nilsson löste sich der THW aus der Bedrängnis, verpasste es dann aber mehrfach, den Sack zuzumachen: Dunvjak unterlief im Gegenstoß ein Abspielfehler, Elisson traf zum 27:29. Magnus Landins Wurf krachte an den Pfosten, Marsenic versenkte den Konter zum 28:29. 140 Sekunden vor dem Ende wurde es dramatisch - Nilsson traf zum 30:28, Wiede erzielte das 30:29, Weinhold verlor im Angriff den Ball: Der Rest war Geschichte. Nach Ekbergs gefangenem Wiede-Pass jubelten die Zebras über zwei hart erkämpfte und eminent wichtige Auswärts-Zähler bei den Füchsen Berlin!

Stimmen zum Spiel

THW-Trainer Alfred Gislason: In der ersten Halbzeit haben wir abwehrmäßig nicht stattgefunden, deshalb sind unsere Torhüter auch nicht ins Spiel gekommen. Wir kassieren nur zwei Tore aus dem Rückraum, der Rest sind freie Würfe nach Durchbrüchen oder vom Kreis - da muss ich meine Keeper in Schutz nehmen. Irgendwie schien es, als ob eine große Last auf meine Spieler drückt, und Berlin war im ersten Durchgang stärker als wir. Wir haben nicht flüssig gespielt und sind nicht richtig zum Tor gegangen. Nach der Pause wurde es viel besser, wir spielen einen Vorsprung heraus und verspielen diesen beinahe wieder. Es ist - ohne Frage - ein glücklicher Sieg für uns, aber wir haben weiterhin unsere sechs Minuspunkte auf dem Konto. Das freut mich sehr. Aus eigene Kraft können wir die Flensburger eh nicht einholen, was wir hingegen machen können, ist unsere Spiele zu gewinnen, um bei einem Ausrutscher der Flensburger da zu sein. Deshalb war es ein unglaublich wichtiger Sieg für uns.

Füchse-Spieler Fabian Wiede: Ich habe mir meinen letzten Pass anders vorgestellt. Der Spielzug war angesagt, und ich habe dann falsch gehandelt. Insgesamt können wir mit dem Spiel sehr zufrieden sein, vor allem mit der ersten Hälfte. Dann haben wir - wie schon häufiger - den Start in die zweite Halbzeit verpennt, uns dann aber wieder herangekämpft. Es war ein richtig schönes Spiel - am Ende leider ohne Glück für uns.

THW-Kapitän Domagoj Duvnjak: In der 55. Minute hätten wir das Spiel bereits zumachen können. Aber das ist Bundesliga, hier wird jeder Fehler sofort bestraft. Das haben wir gegen Ende gesehen, als wir uns zwei, drei technische Fehler leisteten. Ich bin glücklich, dass wir ein großes Spiel bei den Füchsen Berlin, die bis zum Umfallen gekämpft haben, gewonnen haben. Wir machen jetzt so weiter wie bisher, schauen von Spiel zu Spiel, gewinnen unsere Partien und sehen, was am Ende dabei herauskommt. 

Füchse-Torhüter Silvio Heinevetter: Wir haben ein Ende ein bisschen Pech gehabt. Das fehlende Glück zieht sich ein bisschen durch. Wir halten gegen die Top-Mannschaften gut mit, aber dabei springen keine Punkte heraus. Schade. 

Statistiken zum Spiel

Füchse Berlin: Heinevetter (1.-20., 37.- 2 Paraden), Semisch (20.-37., 1 Parade); Wiede (4), Elisson (2), Holm, Struck, Mandalinic (1), Gojun (1), Lindberg (7/4), Zachrisson (3), Schmidt, Reißky, Koch (3), Marsenic (2), Drux (5); Trainer: Petkovic

THW Kiel: N. Landin (1.-18., 31.-60., 5  Paraden), Wolff (18.-30. und 1 Siebenmeter, keine Parade); Duvnjak (6), Reinkind (2), M. Landin (1), Firnhaber (n.e.), Weinhold (5), Wiencek (4), Ekberg (4/1), Rahmel (n.e.), Dahmke, Zarabec (1), Bilyk, Pekeler (2), Nilsson (5); Trainer: Gislason

Schiedsrichter: Lars Geipel / Marcus Helbig

Strafzeiten: Füchse: 2 (Marsenic (9.), Koch (21.)) / THW: 1 (M. Landin (37.))

Rote Karte: Zarabec (grobes Foulspiel (54.))

Siebenmeter: Füchse: 4/4 / THW: 1/1

Spielfilm: 1:0, 2:1 (4.), 3:3 (7.),  5:3 (9.), 6:4, 6:6 (12.), 8:7 (16.), 8:9 (17.), 9:10 (19.), 13:10 (27.), 14:11 (28.), 15:13;
15:17 (36.), 16:18, 17:19 (38.), 18:20, 19:21 (41.), 21:21 (43.), 22:22, 22:26 (49.), 23:27, 24:28 (53.), 26:28 (54.), 26:29, 28:29 (58.), 28:30 (59.), 29:30 (59.). 

Zuschauer: 10.000 (ausverkauft) (Max-Schmeling-Halle, Berlin)

Foto: Lächler

Quelle: THW