09.08.2017  LIQUI MOLY HBL

Legenden-Team: Diese Mannschaft haben unsere Facebook-Fans gewählt

Die DKB Handball-Bundesliga geht in ihre 52. Saison - und hatte in all diesen Jahren unzählige großartige Spieler in ihren Reihen. Fragt man nach den Besten der Besten, hat jeder seine eigene Meinung. Um der Frage auf den Grund zu gehen, hat die DKB HBL zur Social Media-Abstimmung gebeten. Und diese 9 Legenden schickt die Online-Community der "stärksten Liga der Welt" gemeinsam auf die Platte:

Linksaußen: Stefan Kretzschmar (VfL Gummersbach, SC Magdeburg)

Gut möglich, dass Stefan Kretzschmar heute der einflussreichste Mann im deutschen Handball ist. Nicht, weil er im Verband oder andernorts eine einflussreiche Stellung bekleidet. Nein, „Kretzsche“ wirkt, weil er medial einen Sonderstatus einnimmt. Der ehemalige Weltklasse-Linksaußen beherrscht das Spiel der Selbstvermarktung wie kein Zweiter in der Handballszene – und wirkt dabei positiv für den Handball. Als die Bad Boys in Polen zum Höhenflug ansetzten, half er, den medialen Hype weiter zu befeuern.

Sein Stern ging 1993 auf, als er von Blau-Weiß Spandau zum VfL Gummersbach wechselte. Als Sohn einer ausgewiesenen Handballerfamilie – Mutter Waltraud gewann dreimal die Weltmeisterschaft, Vater Peter war Trainer jener erfolgreichen Mannschaft – war sein Weg vorgezeichnet. Seine erfolgreichste Zeit hatte Kretzschmar dann nach seinem Wechsel zum SC Magdeburg, wo er nicht nur die Identifikationsfigur schlechthin wurde, sondern zudem unter Trainer Alfred Gislason die Meisterschaft (2001) und die Champions League (2002) gewann. Als wortgewaltiger TV-Co-Kommentator ist die Werbeikone „Kretzsche“ ebenso nah am Bundesliga-Geschehen wie als Aufsichtsrat des Erstligisten SC DHfK Leipzig.

Rückraum Links: Joachim Deckarm (VfL Gummersbach)

Wenn Joachim Deckarm heute bei großen Handballevents auftaucht – beim Pokal Final Four in Hamburg beispielsweise –, dann erheben sich die Leute von ihren Sitzen und applaudieren dem Mann, dessen so großartige und vielversprechende Karriere durch einen ebenso unglücklichen wie tragischen Moment abrupt endete. Das war 1979 bei einem Europacupspiel seines VfL Gummersbach im ungarischen Tatabanya. Jo Deckarm war gerade mal 25 Jahre alt, als er nach einem Zusammenstoß mit seinem damaligen Gegenspieler Lajos Panovics stürzte, was ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und ein 131 Tage währendes Koma nach sich zog. Er kämpfte und rang täglich mit seinem Schicksal. Damals war er als Handballer auf dem Weg zur Legende. Drei Meisterschaften, zwei Pokalsiege, der WM-Titel von 1978 und seine herausragende Spielweise hatten ihm längst schon den Ruf des besten Handballers der Welt eingetragen.

Nun blieb der Zähler für weitere Titel und Länderspiele stehen. Einfachso. Seine Teamkollegen aus dem WM-Kader 1978 gründeten den Joachim-Deckarm-Fond, spielten sich viele Jahre kreuz und quer durch die Republik und sammelten viel Geld ein, um die aufwendigen und teuren Therapien und Rehamaßnahmen für ihren ehemaligen Nationalmannschaftskollegen finanzieren zu können. Teamgeist eben – ein Wort, das auch zum Titel seiner Biografie wurde. Am 31. Mai 2013 – 34 Jahre nach seinem schrecklichen Unfall – wurde Joachim Deckarm in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.

Rückraum Mitte: Andy Schmid (Rhein-Neckar Löwen)

Dass die Rhein-Neckar Löwen nach zahlreichen vergeblichen Anläufen im Jahr 2016 endlich den heiß ersehnten Meistertitel einfahren konnten, ist ganz sicher auch der Verdienst von Andy Schmid. Der Schweizer Mittelmann ist nicht nur Denker und Lenker im Spiel der Badener, sondern strahlt zudem jede Menge Torgefahr aus. Der Rechtshänder genießt nicht nur in Fachkreisen den allerbesten Ruf. Gleich dreimal in Folge wurde Schmid zum besten Spieler der Saison gewählt.

Dabei wurde die Liga erst spät auf ihn aufmerksam. Schmid war bereits 27 Jahre alt, als er 2010 sein erstes Bundesligaspiel für die Löwen absolvierte, die ihn vom dänischen Erstligisten Bjerringbro-Silkeborg verpflichteten. Zuvor wurde Schmid, der für sein Heimatland mehr als 150 Länderspiele absolvierte, mit ZMC Amicitia Zürich nicht nur zweimal Schweizer Meister, sondern erntete auch in seinem Heimatland die Auszeichnung Wertvollster Spieler der Saison (2008, 2009).

Rückraum Rechts: Olafur Stefansson (LTV Wuppertal, SC Magdeburg, Rhein-Neckar Löwen)

Insgesamt spielte Olafur Stefansson lediglich acht Spielzeiten in der stärksten Liga der Welt, hinterließ dabei aber weit mehr als einen bleibenden Eindruck. Vor allem beim SC Magdeburg liegt man dem Isländer, der über den Umweg Wuppertal in die Börde kam, zu Füßen. Der Linkshänder, der zumeist im rechten Rückraum, aber auch auf der Spielmacherposition zum Einsatz kam, war der Kopf jener SCM-Mannschaft, die 2001 zunächst die Meisterschaft, ein Jahr später sogar die Champions League gewann – als erste deutsche Mannschaft überhaupt und 19 Jahre nach dem Triumph des VfL Gummersbach im Europacup der Landesmeister. Zudem gewann er mit dem SCM zweimal den EHF-Cup und zweimal die Vereins-Europameisterschaft.

Nach seinem Wechsel zum spanischen Erstligisten Ciudad Real folgten noch zahlreiche weitere Titel, darunter vier Meisterschaften und zwei weitere Erfolge in der Champions League. Zum isländischen Volkshelden aber machte ihn erst die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Peking. Stefansson ist heute die Lichtgestalt des isländischen Handballs. Er gilt in seiner Heimat als „lebende Legende“ und ist Träger des isländischen Großritterkreuzes.

Rechtsaußen: Florian Kehrmann (TBV Lemgo)

Das nennt man Vereinstreue: Florian Kehrmann, den alle immer nur „Flo“ nannten, kam 1999 als 22-jähriger Rechtsaußen zum TBV Lemgo – und blieb dort Spieler bis 2014. 15 Jahre lang hielt er seinem Verein die Treue als Spieler, seit knapp zwei Jahren trainiert er nun das Bundesligateam der Ostwestfalen. Als Deutscher Meister, Pokalsieger, Europacupgewinner, Welt- und Europameister wurde ihm der Trainerjob angetragen, als der einst so überaus erfolgreiche TBV mitten im Abstiegskampf steckte. Am 12. Dezember 2014 wurde er als Nachfolger des freigestellten Niels Pfannenschmidt Chefcoach. Die Mannschaft war zu dem Zeitpunkt Vorletzter mit sieben Punkten Abstand auf den rettenden 15. Platz, erreichte mit einer starken Rückrunde und 21 Punkten einen Nichtabstiegsplatz. In den Jahren 2003, 2005 und 2006 wurde der gelernte Bankkaufmann zum Handballer des Jahres gewählt. Am 25. Mai 2014 beendete Kehrmann mit einem Abschiedsspiel seine Spielerkarriere nach 460 Bundesligaspielen und 1.846 Toren.

Kreis: Christian Schwarzer (VfL Fredenbeck, TV Niederwürzbach, TBV Lemgo, Rhein-Neckar Löwen)

Wer an Christian Schwarzer denkt, dem fällt wohl als Erstes und spontan die Weltmeisterschaft 2007 ein. Bundestrainer Heiner Brand nominierte den damals 38-jährigen Kreisläufer vom TBV Lemgo nachträglich, weil die WM nach der holprigen Vorrunde aus deutscher Sicht zu scheitern drohte. Die Geschichte ist bekannt: „Blacky“ kam zurück und entfachte in der Mannschaft jenen Spirit, der den Nährboden für den späteren Triumph von Köln bildete.

Aber da war Schwarzers Karriere schon auf die Zielgerade eingebogen. Als junger Spieler stand er beim VfL Fredenbeck (1987 bis 1991) und beim TV Niederwürzbach (1991 bis 1999) unter Vertrag, spielte als einer der wenigen Deutschen zwei Jahre beim FC Barcelona, dekorierte sich dort mit der Meisterschaft, dem Pokal und dem Gewinn der Champions League, gewann erst nach seiner Rückkehr nach Deutschland 2001 mit dem TBV Lemgo seinen ersten deutschen Titel. Das war 2002 – Schwarzer war bereits 33 Jahre alt, als er den DHB-Pokal zum ersten Mal in den Händen halten durfte. Ein Jahr später folgte die Deutsche Meisterschaft. Schwarzer absolvierte 600 Bundesligaspiele und warf dabei 2.208 Tore. Er war Handballer des Jahres 2001 und über viele Jahre fester Bestandteil der Nationalmannschaft. Mit 318 Länderspielen liegt er auf Rang drei im Ranking der deutschen Nationalspieler, war 2004 Europameister und olympischer Silbermedaillengewinner. Nach Beendigung seiner Karriere bei den Rhein-Neckar Löwen 2009 heuerte Schwarzer bis 2015 als Jugendtrainer beim Deutschen Handballbund an.

Torhüter: Henning Fritz (SC Magdeburg, THW Kiel, Rhein-Neckar Löwen)

In der Galerie herausragender deutscher Torhüter nimmt Henning Fritz eine Sonderstellung ein. 20 Jahre stand der gebürtige Magdeburger in der ersten Liga zwischen den Pfosten, zunächst für seinen Heimatklub SC Magdeburg, später für den THW Kiel und in den letzten fünf Jahren seiner aktiven Zeit für die Rhein-Neckar Löwen. Titel hat er dabei zahlreiche eingesammelt. Schon mit dem SCM wurde er 2001 zunächst Deutscher Meister, ein Jahr später gewann er die Champions League. Beim THW kamen vier weitere Deutsche Meisterschaften dazu, ein Pokalsieg und – neben anderen Europacup-Erfolgen – als Sahnehäubchen der Triumph in der Champions League 2007. Wenige Monate zuvor hatte der Keeper maßgeblichen Anteil am Wintermärchen, als er mit zum Teil sagenhaften Leistungen dafür sorgte, dass Handball-Deutschland sich über den WM-Titel freuen durfte.

Schon 2004 war Fritz Europameister geworden und hatte beim Olympiaturnier in Athen Silber gewonnen. Unvergessen sein Auftritt im Viertelfinale gegen Spanien, als Fritz im Siebenmeterwerfen die gegnerischen Schützen reihenweise zur Verzweiflung brachte – dafür wurde er als erster Torwart als „Welthandballer“ ausgezeichnet. 2012 beendete er seine großartige Karriere.

Abwehr: Tobias Karlsson (THW Kiel, HSG Nordhorn, SG Flensburg-Handewitt)

Hart aber fair – so lässt sich die Abwehrarbeit von Tobias Karlsson wohl am besten beschreiben. Der Schwede zählt seit Jahren zu den besten Abwehrspielern der Welt. Andy Schmid - selbst viermaliger MVP der DKB Handball-Bundesliga – verfiel einmal nach einem Spiel gegen die SG Flensburg-Handewitt in wahre Lobeshymnen: „Was Tobias Karlsson da hinten im Zentrum für Lücken stopft ist ja einfach Wahnsinn, der wird ja meistens ganz vergessen, wenn man über die Flensburger Mannschaft redet.“ Seine Gegenspieler werden Karlsson wohl kaum vergessen, zu omnipräsent zeigt sich „Tobbe“ im Abwehrzentrum seiner Mannschaft als unüberwindbarer Fels. Über ein kurzes Gastspiel beim THW Kiel im Jahr 2006 fand Karlsson zwei Jahre später den Weg in die Handball-Bundesliga und lief eine Saison für die HSG Nordhorn auf.

Seit 2008 spielt der sympathische Schwede für die SG Flensburg-Handewitt, mit der er unter anderem 2014 die Champions League gewann. Dass der schwedische Nationalspieler nicht nur austeilen sondern mindestens genauso gut einstecken kann, zeigte er in der Saison 14/15, als er auf eigenen Wunsch hin wochenlang trotz gebrochenem Kiefer spielte, um seiner sowieso schon von Verletzungen gebeutelten SG helfen zu können.

Trainer: Heiner Brand (VfL Gummersbach, SG Wallau/Massenheim)

Sein Schnauzbart ist längst zur Ikone des Handballs geworden. Seine Brummbass-Stimme war lange Jahre der Sound der Sportart: Heiner Brand ist Handball. Der Gummersbacher war Weltmeister als Spieler, und er war Weltmeister als Trainer – dies gelang nur ihm. Der Mann, der bereits mit sieben Jahren zu seinem Heimatverein VfL Gummersbach ging, sammelte zudem weitere internationale und nationale Titel, die ihn zu einem der erfolgreichsten Handballer weltweit machten.

In der Hochzeit der Gummersbacher reihte er Erfolg an Erfolg. Mit seinem VfL wurde er sechsmal Deutscher Meister (1973, 1974, 1975, 1976, 1982 und 1983) und holte viermal den DHB-Pokal (1977, 1978, 1982 und 1983). Ebenso war der VfL Gummersbach mit ihm auf internationaler Ebene erfolgreich: Europapokalsieger der Pokalsieger 1978 und 1979, Europapokalsieger der Landesmeister 1974 und 1983, Supercupgewinner 1979 und 1983 sowie IHF-Pokalsieger 1982. Er führte als Coach die Oberbergischen zu zwei Deutschen Meisterschaften (1988, 1991). Seine persönlichen Ehrungen sind im Laufe der Zeit unübersehbar geworden. Er war siebenmal Trainer des Jahres, erhielt 2007 das Bundesverdienstkreuz am Bande, das Silberne Lorbeerblatt und ist seit 2007 auch in der Hall of Fame des deutschen Sports vertreten. Seit 2013 trägt auch der Vorplatz der Schwalbe Arena in seiner Heimatstadt Gummersbach seinen Namen. Mehr geht nicht.