19.01.2019  Handball Weltmeisterschaft

Deutschland steht vor Aufgabe gegen euphorische Isländer

Mit dem Umzug von Berlin nach Köln stieg bei den ungeschlagenen deutschen Handballern nochmal das WM-Fieber. Die Ausgangslage für die Hauptrunde ist fast optimal. Der erster Gegner der Hauptrunde in Köln heißt: Island. Der Einsatz von Steffen Weinhold ist noch fraglich.

Silvio Heinevetter erzielte beim Spaßkick mit seinem ersten Ballkontakt das "Tor des Monats", Christian Prokop tüftelte auf der Bank schon wieder mit der Taktiktafel herum. Bei der ersten Trainingseinheit in ihrem Kölner Wohnzimmer waren bei den deutschen Handballern am Freitagabend Spannung und Vorfreude auf die heiße Phase der Heim-WM förmlich greifbar: Der Hauptrundenstart am Samstag (20.30 Uhr/ARD) gegen Island kann kommen.

"Wir haben in Berlin schon gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist. Wir freuen uns auf eine neue Halle, hier hat sich nicht viel verändert", sagte Teammanager Oliver Roggisch, der in der Kölnarena 2007 Weltmeister geworden war. Nach den ersten Blicken ins weite Rund gab er zu, dass die Gedanken ans "Wintermärchen" vor zwölf Jahren zurückkehrten: "Ich würde lügen, wenn es nicht so wäre. Aber die Jungs sollen sich fokussieren und ihr Ding machen." Wenn die Mannschaft so spiele wie in Berlin, dann habe er keine Bedenken, sagte Roggisch, "dass das Hallendach hier mal wegfliegt".

Schon nach der Ankunft im Fünf-Sterne-Hotel Hyatt am Rheinufer am Mittag waren die Spieler voller Zuversicht gewesen. "Wir haben gezeigt, dass wir jeden Gegner schlagen können. Die Hoffnung ist sehr groß, dass wir das Halbfinale erreichen", sagte Kapitän Uwe Gensheimer und posierte mit den Fans für Selfies.

Bundestrainer Prokop hatte für den Abend die erste, 50-minütige Trainingseinheit in der Arena angesetzt, danach wurde das Team von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker begrüßt. "Die Stimmung in Köln soll uns Flügel verleihen. Jetzt geht das Turnier erst richtig los", sagte Torhüter Andreas Wolff, während Roggisch überall große Unterstützung verspürt: "Handball-Deutschland ist angefixt."

Der 31:23-Sieg gegen Serbien zum Vorrunden-Abschluss hat dem DHB-Team viel Rückenwind gegeben. "Wenn man in der Hauptrunde ist, will man auch weiterkommen. Das Ziel ist ganz klar das Halbfinale", meinte Paul Drux über die Spiele in der mit 19.250 Zuschauern ausverkauften Lanxess Arena. Dort, das hatte Weltmeister-Trainer Heiner Brand schon vor dem WM-Start gesagt, "sind wir unschlagbar".

Beim Titelgewinn vor zwölf Jahren war die Halle eine uneinnehmbare Festung, jetzt wollen die deutschen Handballer weiter an ihrem Wintermärchen 2.0 schreiben. Auch wenn Kapitän Uwe Gensheimer vor den "isländischen Kampfschweinen" warnt. "Ich war damals im Halbfinale gegen Frankreich in der Halle und bekomme jetzt noch Gänsehaut", sagte Wolff. Abwehrspieler Finn Lemke glaubt: "Wenn wir in Köln die gleiche Euphorie entfachen können wie in Berlin, sind wir schwer zu schlagen."

Prokop setzt in den drei anspruchsvollen Hauptrundenspielen gegen Island, Kroatien (Montag) und Europameister Spanien (Mittwoch) auf "einen Energieschub von den Rängen". Doch der 40-Jährige weiß, dass das allein trotz einer hervorragenden Ausgangslage mit 3:1 Punkten nicht ausreichen wird. "Wir sind an der Weltspitze dran. Ob es für ganz vorne reicht, werden die nächsten Tage zeigen", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning. Der Spielplan meint es gut mit der DHB-Auswahl. Zum Hauptrundenstart wartet Island, der auf dem Papier leichteste Gegner. Ein Selbstläufer werde die Partie aber nicht, warnte Prokop: "Auch wenn sie ihren Topstar Aron Palmarsson haben, spielen sie sehr mannschaftsdienlich." Roggisch ist sich sicher, "dass wir die bessere Mannschaft sind, wenn wir kämpferisch auf das gleiche Niveau kommen".

Das DHB-Team ist in vielen Punkten bereits in Medaillenform. Die deutsche Deckung um die "Abwehr-Monster" (O-Ton Wolff) Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler ist nicht nur für Hanning "die beste der Welt". Im Angriff ist auf Gensheimer (31 Tore) Verlass. Das von Martin Strobel und Fabian Wiede angekurbelte Offensivspiel ist deutlich variabler als beim EM-Debakel vor einem Jahr - die deutlich verbesserte Stimmung im Team kommt hinzu.

Noch keine endgültige Entscheidung ist in der Personalie Steffen Weinhold gefallen, die Zeit läuft aber gegen den Kieler. Der Linkshänder hatte eine Zerrung im Adduktorenbereich erlitten, für ihn soll vielleicht Kai Häfner (TSV Hannover-Burgdorf) nachnominiert werden. "Die Entscheidung fällt erst am Spieltag. Wir haben bis 9 Uhr Zeit", sagte Roggisch: "Ich glaube, er braucht noch ein bisschen Zeit. Aber zum zweiten Hauptrundenspiel kann man glaube ich mit ihm rechnen."

Quelle: SID
Foto: Klahn