20.01.2024  Handball Europameisterschaft

Mission Halbfinale: DHB-Team brennt auf Bruderduell gegen Österreich

„Siebenmeter-Killer", "Torwart-Titan", "Lebensversicherung": Von allen Seiten prasselten die Lobeshymnen auf Andreas Wolff ein. Doch Deutschlands alles überragende Handball-"Krake" schob die Huldigungen nach dem Zittersieg gegen Island ganz schnell beiseite. Wolff richtete seine volle Aufmerksamkeit bei der Heim-EM direkt dem kniffligen "Bruderduell" gegen Österreich. Bloß kein kölsches Cordoba - so lautet die Devise im DHB-Team.

"Die Österreicher werden uns vor eine Riesenherausforderung stellen. Sie sind das Team der Stunde", sagte Wolff mit ernsten Gesichtszügen: "Dieses Team ist brandgefährlich, sie haben einen absoluten Hype und das ist der einzige Fokus, den wir jetzt haben sollten." Er weiß: Geht das Spiel gegen den kleinen Nachbarn, der bei der EM gerade sein großes Handball-Märchen erlebt, am Samstag (20.30 Uhr/ARD und Dyn) in die Hose, wäre der Traum vom Wintermärchen im eigenen Land wohl geplatzt.

"Jedes Spiel ist ein Endspiel", betonte Bundestrainer Alfred Gislason angesichts der Ausgangslage mit momentan 2:2 Punkten in der Hauptrundengruppe I: "Wenn unser Traum das Halbfinale ist, müssen wir die nächsten drei Spiele gewinnen. Bei einer Niederlage gegen Österreich wäre dieser Traum vorbei." Hinter Spitzenreiter Frankreich (4:0 Zähler) wittern die Alpenhandballer (3:1) ihre historische Halbfinal-Chance.

Über Legenden wie die viel zitierte "Schmach von Cordoba", als Deutschlands Fußballer als Weltmeister 1978 gegen den kleinen Rivalen sensationell in der Zwischenrunde ausschieden, kann Gislason schmunzeln. Die besondere Rivalität der Deutschen mit ihrem Nachbarland bereitet dem Isländer allerdings überhaupt keine Bauchschmerzen. "Es macht mir keine Sorgen, dass Deutschland und Österreich sportlich irgendwie Probleme miteinander haben. Das geht mich gar nichts an", sagte der DHB-Coach grinsend.

Linksaußen Lukas Mertens sieht im Handball-Duell Deutschland gegen Österreich dagegen bereits "einen schönen Klassiker", fast wie im Fußball: "Die sind im Flow, die sind on fire."

Der deutschen Mannschaft ist der sensationelle Höhenflug des kommenden Gegners nicht entgangen. Erst das Remis gegen Ex-Europameister Spanien, dann der Last-Minute-Sieg zum Hauptrundenstart gegen Ungarn: Die kleine Nation, die sonst vor allem beim Skifahren und Fußball von sich reden macht, steht ob der Erfolge ihrer Handballer kopf. Die Mannschaft um Kiel-Star Nikola Bilyk und den früheren Bundesliga-Torschützenkönig Robert Weber hat in der Heimat einen Handball-Hype ausgelöst.

Nun wollen es die österreichischen Handballer den Fußballern gleichtun, die Deutschland nicht bloß in Cordoba, sondern auch zuletzt im November in einem denkwürdigen Spiel mit 2:0 besiegten. In der Kölner Arena vor knapp 20.000 Fans gegen Deutschland anzutreten, bezeichnete Bilyk als "Privileg". Zudem wollen die Österreicher unbedingt Revanche nehmen für die EM-Niederlagen zuletzt. Vor eigenem Publikum hatte es in der Wiener Stadthalle am Samstag auf den Tag genau vor vier Jahren eine 22:34-Klatsche gegen die DHB-Auswahl gegeben, 2022 eine Vorrunden-Niederlage in Bratislava.

Auch das deutsche Team ist heiß. Der emotionale Hauptrunden-Auftakt soll das deutsche Team gegen Österreich sowie in den weiteren Spielen gegen Ungarn und Kroatien beflügeln. "Die Jungs haben in schwierigen Momenten einen extrem phänomenalen Charakter gezeigt", sagte Gislason, der Sieg im Island-Thriller bringe seiner jungen Mannschaft "sehr viel, weil es so schwierig und eng war". Und Wolff meinte zuversichtlich: "Mit der Moral, die wir gezeigt haben, haben wir auch die Chance, die Österreicher zu schlagen."

Quelle: SID / Foto: Kolektiff Images / EHF