20.04.2017  LIQUI MOLY HBL

Florian Kehrmann: „Immer dann, wenn wir voll da sein mussten, waren wir auch voll da.“

Spannender geht es kaum, als im Abstiegskampf der DKB Handball-Bundesliga! Gleich fünf Teams liegen hauchdünn beieinander. Im Tabellenkeller kommt es auf jeden einzelnen Punkt an. Der abstiegsbedrohte TBV Lemgo hat am Osterwochenende sensationell gleich zwei Zähler gegen den frischgebackenen Pokalsieger THW Kiel eingefahren.

Lemgo-Trainer Florian Kehrmann über Durchhaltevermögen im Abstiegskampf, den Sensationscoup gegen Kiel und erklärt was nötig ist, um ein Topteam zu schlagen.

Herr Kehrmann, nach zuletzt vier Niederlagen hat ihre Mannschaft am vergangenen Wochenende ausgerechnet gegen den frischgebackenen Pokalsieger vom THW Kiel gewonnen. War dieser Sieg ein Befreiungsschlag, der auch Auftrieb für die nächsten Wochen geben kann?

Florian Kehrmann: Es ist schön, wenn man gegen eine Mannschaft der Top Drei gewinnt. Aber es war trotzdem nur ein Spiel, in dem es zwei Punkte zu gewinnen gab. Nur weil wir ausgerechnet Kiel geschlagen haben, haben wir jetzt nicht auf einmal drei Punkte mehr. Jeder Sieg ist wichtig, egal gegen welchen Gegner.

Flensburg, Kiel oder die Rhein-Neckar Löwen lassen nur selten Punkte liegen. Was muss passieren, um auch ein Spitzenteam der DKB Handball-Bundesliga zu schlagen?

Florian Kehrmann: Jeder muss seinen Job zu einhundert Prozent erledigen und ein oder zwei Spieler müssen über sich hinauswachsen. Nur dann kann man eine Chance, die man nicht immer bekommt, auch nutzen. Das hat gegen Kiel hervorragend geklappt. Ich denke, wir haben nicht mit Glück, sondern verdient gewonnen.

Durch die zwei Punkte hat sich der TBV Lemgo an die Spitze von fünf Teams gesetzt, die im Tabellenkeller ganz dicht beieinander liegen. Warum geht es dieses Jahr gerade im unteren Bereich der Tabelle so eng zu?

Florian Kehrmann: Gerade die unteren Teams sind noch näher an das Mittelfeld herangerückt. Wer einmal einen Negativtrend erlebt, kommt da nicht mehr raus. Ein Team wie Gummersbach hat vor der Saison sicher Richtung Europa geschielt und steckt nun unten drin. Ein Topteam wie Hannover schafft es auf einmal nicht mehr zu punkten. Hat man auf der anderen Seite aber einmal einen Lauf, kann man viele Teams schlagen.

Hilft es, wenn so viele Teams so eng beieinander liegen, um jede Woche seine Topleistung abzurufen, oder lähmt der Druck unbedingt punkten zu müssen?

Florian Kehrmann: Wir betreiben Profisport, da ist der Druck in jedem Spiel vorhanden. Wir wollen aber nur auf uns schauen, uns nicht ablenken lassen und positiv in die nächsten Spiele gehen.

Am Sonntag steht für den TBV Lemgo das Kellerduell mit der HBW Balingen-Weilstetten an. Worauf wird es ankommen, auch da zu bestehen?

Florian Kehrmann: Das wird mit Sicherheit ein schweres Spiel. Wir wissen um die Heimstärke und die aggressive Abwehr der HBW. Ich hoffe auf ein faires Spiel, dass die Mannschaft gewinnt, die es auch verdient hat. Es wird bis zum Schluss richtig eng bleiben.

Was macht Ihnen Mut, dass ihre Mannschaft so eine Leistung wie gegen Kiel wiederholen und in den nächsten Wochen abrufen kann?

Florian Kehrmann: Immer dann, wenn wir voll da sein mussten, waren wir auch voll da. Im Dezember hatten uns nach einer schwachen Phase viele schon abgeschrieben, aber dann haben wir auswärts beim BHC und in Minden gewonnen. Und auch vor dem Spiel gegen Kiel hatten wir zwei, drei Spiele, in denen es nicht so lief. Für viele meiner jungen Spieler war dieses Gefühl, ein Topteam wie den THW zu schlagen, etwas Neues. Dieses unglaubliche Gefühl wollen wir nun mitnehmen und mutig in die nächsten Wochen gehen.

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Wer hat in diesem nervenaufreibenden Abstiegskampf die besten Karten?

Florian Kehrmann: Von den sechs Teams, die gerade ganz unten stehen, werden drei absteigen. Das ist Fakt. Ich denke, dass es für Coburg sehr sehr schwer wird, da noch einmal heraus zu kommen. Bei den anderen Mannschaften wird es bis zum Schluss eng bleiben. Da entscheidet das Durchhaltevermögen, wer besser mit dieser Situation umgehen kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Cohen