16.01.2019  Handball Weltmeisterschaft

Henning Fritz - Die WM-Kolumne: Die Ausgangslage ist ideal

In seiner WM-Kolumne für die DKB Handball-Bundesliga erörtert Welthandballer Henning Fritz das Geschehen rund um die Heim-Weltmeisterschaft - natürlich mit besonderem Augenmerk auf die deutsche Mannschaft. In der vierten Ausgabe lobt die Torhüter-Legende die deutsche Mannschaft für ihren mitreißenden Auftritt gegen Frankreich und macht Hoffnung für die Hauptrunde.

Liebe Handballfans,

was für ein mitreißendes Spiel der deutschen Mannschaft am Dienstag gegen Frankreich. Eigentlich lief es in der Crunchtime optimal für uns. Am Ende haben wir dann aber ein oder zwei Bälle unnötig abgegeben und das letzte Tor der Franzosen war dann natürlich unglaublich unglücklich.

Aber nichtsdestotrotz: Das Gegentor in letzter Sekunde trübt die Freude nur minimal. Das Positive überwiegt definitiv - die Moral, der Wille und auch das Mitreißen des Publikums. Ein Unentschieden gegen den Weltmeister herauszuholen, bis zum Schluss zu führen, das war kämpferisch einfach eine tolle Leistung. Wahrscheinlich gab die Tatsache, dass man aufgrund der Niederlage der Russen gegen Brasilien zuvor wieder alles in der eigenen Hand hatte, noch den letzten Push.

Es ist eine richtige Entwicklung in der Mannschaft zu sehen - spielerisch wie kämpferisch. Den Russen hatte die deutsche Mannschaft am Montag noch zu viele Freiräume gelassen, die Timur Dibirov und Co. dann intelligent genutzt und für ihre Möglichkeiten das Optimum herausgeholt haben. Aber bei einem Turnier geht es darum, sich von diesen Dämpfern nicht runterziehen zu lassen.

Jetzt kommt es einfach darauf an, in den entscheidenden Phasen die Fehlerzahl zu minimieren, dann kann die Hauptrunde kommen. Denn es hat sich bestätigt, was wir schon vor Turnierbeginn gehofft hatten: Die deutsche Mannschaft ist so stark, sie kann jeden Gegner schlagen. Es ist ja keineswegs so, dass wir schon in allen Mannschaftsteilen am Limit gespielt haben. Es war vieles schon sehr gut, aber es ist definitiv noch Steigerungspotenzial vorhanden. Das macht große Hoffnung.

Das Spiel gegen Serbien hat jetzt gar keine große Relevanz mehr für die Ausgangslage in der Hauptrunde. Da kann der Bundestrainer vielleicht noch taktische Kleinigkeiten ausprobieren oder sogar den ein oder anderen Spieler schonen. Und dann können wir sehr optimistisch in Richtung Hauptrunde blicken, denn die Ausgangsposition ist nahezu ideal.

Natürlich warten in Köln sehr starke Gegner auf uns, aber für die Moral ganz entscheidend ist, dass man aller Voraussicht nach alles in eigener Hand hat. Es ist egal, wer kommt, man kann sich auf die eigenen Stärken konzentrieren. Mit eigenen Siegen kann man die Konkurrenz auf Distanz halten.

Daran ändert auch die leichte Verletzung von Steffen Weinhold nichts. Wir haben mit Kai Häfner einen ebenbürtigen Ersatz in der Hinterhand, wenn man da überhaupt von "Ersatz" sprechen kann. Wenn Kai die gleiche Joker-Rolle wie bei der EM 2016 einnimmt, wäre das sicher allen Recht. Aufgrund seiner Spielweise und seiner Persönlichkeit würde er der Mannschaft auf jeden Fall helfen. Aber jetzt drücken wir erst einmal Steffen die Daumen, dass seine Verletzung nicht allzu schlimm ist. Bei einer kleineren Blessur hätte er wahrscheinlich noch genügend Zeit, um sie auszukurieren.

Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß beim Mitfiebern mit der deutschen Mannschaft!

Euer Henning

Über Henning Fritz

Henning Fritz (44) zählt zu den erfolgreichsten deutschen Handball-Torhütern aller Zeiten. Seine ruhmreiche Karriere begann der 235-malige Nationalspieler bei seinem Heimatverein SC Magdeburg. Mit den Bördeländern wurde Fritz Deutscher Meister und DHB-Pokalsieger. Anschließend gewann der Welthandballer des Jahres 2004 mit dem THW Kiel alle Titel, die es auf der Vereinsebene zu gewinnen gibt. 2012 beendete Fritz seine aktive Karriere bei den Rhein-Neckar Löwen. Auch in der Nationalmannschaft zählte der Schlussmann in den 90er und 00er Jahren zu den unumstrittenen Säulen. Fritz gehörte zur "goldenen Generation", die 2004 erst Europameister wurde und später bei den Olympischen Spielen in Athen Silber gewann. Bei der Heim-WM 2007 krönte der Magdeburger seine Karriere mit dem Titel im "Wintermärchen". Mittlerweile ist Fritz als Experte für das Medienunternehmen Sky und für Neuronavi, einen Hersteller mobiler Regenerationsgeräte, tätig.

Foto: Klahn