12.11.2015  LIQUI MOLY HBL

Frank Bohmann: "Unser Nationalteam braucht Turniere wie den Supercup“

Frank Bohmann ist seit 2003 Geschäftsführer der Handball-Bundesliga GmbH. Im Interview der Woche spricht er über die 50. Saison der Handball-Bundesliga, über den DHB-Supercup, über die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Handball-Bund sowie über die Gründe, warum gerade die Jubiläumssaison der DKB Handball-Bundesliga so spannend und attraktiv verläuft.

Herr Bohmann, ein kurzer Rückblick auf den Super Cup, der ja wohl zum letzten Mal ausgetragen wurde. Ihr Fazit?
Frank Bohmann: Wir sind sehr zufrieden mit der sportlichen Leistung beim Supercup und haben hundertprozentiges Vertrauen in die sportliche Führung. Wir stehen mit allem, was wir haben, hinter dem Weg, den Dagur Sigurdsson eingeschlagen hat, und für die sportliche Entwicklung war dieses Turnier ein großer Erfolg. Ich halte das Modell des Supercups im Übrigen nicht für veraltet. Der Wettbewerb „Jeder gegen Jeden“ bewährt sich in vielen Sportarten als Erfolgskonzept. Möglicherweise kann der Markenauftritt verbessert werden.

Die Zuschauerresonanz beim DHB Supercup war allerdings nicht zufriedenstellend. Hat der Handball ein Zuschauerproblem?
Frank Bohmann: Nein, in der DKB Handball-Bundesliga und auch an vielen 2.Liga-Standorten beweisen wir jede Woche das Gegenteil. Aber der DHB-Supercup hat gezeigt, dass volle Hallen kein Selbstläufer sind, sondern dass für erstklassige, gut besuchte und reichweitenstarke Veranstaltungen sorgfältig geplant, viel gearbeitet und besser kommuniziert werden muss. In der gesamten Eventorganisation gibt es beim DHB noch Luft nach oben.

Was meinen Sie konkret?
Frank Bohmann: Offenbar hat sich der DHB in den letzten Monaten zu sehr um sich selbst kümmern müssen und nicht um Kunden, Zuschauer und um das Produkt Supercup. Der Nationalmannschaft werden durch die DKB Handball-Bundesliga so viele Termine wie in keiner anderen Profisportart gewährt. Diese Termine sollen das Nationalteam nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich und medial weiter nach vorne bringen. Die Auftritte müssen genutzt werden, um sich den Fans, den Medien und den Partnern des Handballs in erstklassiger Art und Weise zu präsentieren. Hier sehe ich Nachbesserungsbedarf, sonst wird es für die DKB Handball-Bundesliga immer schwerer, diese Zeiträume in ihrem Kalender zur Verfügung zu stellen. Konkret gehen wir gerne mit dem DHB hierzu in den internen Dialog. Meines Erachtens muss der erste Schritt sein, dass der DHB die Rechte an den eigenen Veranstaltungen nicht an Dritte weiter gibt und die Organisation von A-Z in eigener Hand behält. Ein Turnier auf deutschem Boden muss eine echte Visitenkarte sein und oberste Priorität genießen, selbst wenn es im Verband, wie derzeit der Fall, viel zu tun gibt.

Als Vorschläge hörte man, dass es mehr Spieler brauche, die dem Handball ein Gesicht gäben, und eine neue Fankultur forciert werden müsse. Kann die Liga hier unterstützen?
Frank Bohmann: Bei der besseren Positionierung von Spielerpersönlichkeiten können Liga und DHB sich sicher gegenseitig unterstützen, schließlich tragen die Nationalspieler nicht nur das Deutschlandtrikot, sondern auch das Trikot ihrer Clubs. Die DKB Handball-Bundesliga betreibt die mit weitem Abstand reichweitenstärkste Social Media-Plattformen im Handball, hat eine Vielzahl eigener Bewegtbild-Formate und trägt über den TV-Partner Sport1 und viele internationale Fernsehsender unseren Sport und unsere Handballer Woche für Woche weltweit auf die TV- und Computerbildschirme des sportinteressierten Publikums. Ohne begeisternde Länderspiele auch außerhalb von EM und WM wird diese Tätigkeit unnötig erschwert.

Was würden Sie erwarten?
Frank Bohmann: Wir stehen zum DHB und vertreten gemeinsam die strategische Auffassung, dass die Nationalmannschaft die Lokomotive des deutschen Handballs sein kann. Wenn das aber nicht funktioniert, muss man gegebenenfalls die Strategie in Teilen neu definieren. Kurzfristig müssen die nächsten Vorbereitungsspiele vor der Europameisterschaft gut geplant und umgesetzt werden. Und beim All Star Game am 5.2.2016 in Nürnberg wollen wir mit der Nationalmannschaft und unseren All Star-Spielern wie im letzten Jahr ein Ausrufezeichen setzen.

Sie haben die Jubiläumssaison angesprochen. Nicht nur gibt es Aktionen rund um das Jubiläum. Auch sportlich ist diese Saison besonders und unglaublich spannend. Wo sehen Sie die Gründe dafür?

Frank Bohmann: Die Teams oben wie unten sind so eng beieinander wie schon lange nicht mehr. Das ist auch einer der Gründe für die aktuell sehr positive Resonanz in den Hallen und in den Medien. Immer mehr Teams setzen auf deutsche Spieler. Fast 2/3 der in der DKB HBL eingesetzten Spieler haben einen deutschen Pass, noch viel mehr sind es in der 2.Handball-Bundesliga. Hier kommt aktuell keine andere Profisportart in Deutschland auch nur annähernd heran. Das führt nicht nur zu einer spannenden Liga, sondern auch dazu, dass Dagur Sigurdsson zunehmend aus einem größeren Spieler Pool schöpfen kann. Dieser Boom kommt nicht aus dem Nichts, sondern ist Resultat der professionellen Arbeit in den Leistungszentren der Bundesligisten, des HBL Jugendzertifikats und der engen Abstimmung mit den Leistungssportverantwortlichen im DHB und den Landesverbänden. 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Foto: Then